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Roter Raum

Takuro Tamayama "Something Black" (2022) exhibition view ©Jiré Emine Gözen

GAAAP_ The Blog

Roppongi Crossing 2022: Coming & Going

Von Bibern, Sushi und Robotern

14.3.2023

Heute möchten wir bei Check this out auf die Ausstellung Roppongi Crossing 2022: Coming & Going hinweisen, die derzeit im Mori Art Museum in Tokyo stattfindet und damit den Blick auf Perspektiven gegenwärtiger Fragen jenseits eurozentristischer Kontexte richten. Die Ausstellung ist mit den Sektionen „Viewing the Familiar Afresh”, „Living with a Variety of Neighbors” und “Shining a Light on Japan’s Cultural Diversity” in drei Teile gegliedert und zeigt Arbeiten von 29 Künstler*innen aus Japan.

Ausgehend von der Beobachtung, dass die COVID-19-Pandemie eine neue Qualität der Wahrnehmung und Sensibilität für die eigene Umgebung und Umwelt geschaffen hat, widmet sich die Ausstellung unterschiedlichen Aspekten der Zerstörung und Wiederherstellung der Natur, der Verflüchtigung von sozialen Bezugssystemen und der Entstehung neuer Formen der Gefährt*innenschaft. Die dabei verhandelten Themen haben spätestens seit dem Tōhoku-Erdbeben 2011 und der darauffolgenden Nuklearkatastrophe von Fukushima in Japan Konjunktur.

Im Zusammenhang mit der Eruierung von Möglichkeiten der Gemeinschaft und Gefährt*innenschaft stechen insbesondere zwei Arbeiten heraus. Zum einen ist da Aki Inomatas Skulpturenserie How to Crave a Sculpture, die in Kooperation mit Bibern und Maschinen geschaffen wurde. Die abstrakten Skulpturen basieren auf Holz, welches von Bibern zum Bauen bearbeitet und in die gewünschte Form gebracht wurde. Die Künstlerin verwendete dieses von den Bibern geformte Holz als Vorlage, um einen computergesteuerten CNC-Fräser mit den Daten der Form dieses Holzes zu füttern und das Biber-Holz in dreifacher Größe nachbilden zu lassen.

AKI INOMATA "How to Carve a Sculpture" exhibition view ©Jiré Emine Gözen

Die Arbeit wirft damit nicht nur verschiedene Fragen nach Autor*innenschaft, Originalität und Kreativität auf, sondern unterläuft anthropozentrische Vorstellungen der Grenzziehung zwischen Natur, Kultur, Mensch, Technik und Tier. Das Ergebnis kann als ein alternativer Vorschlag eines performativen Verständnisses von technowissenschaftlichen und anderen natürlichkulturellen Praktiken im Sinne Karen Barads verstanden werden.  

Etsuko Ichihara “Future SUSHI” (2022) exhibition view ©Jiré Emine Gözen

Etsuko Ichihara “Future SUSHI” (2022) exhibition view ©Jiré Emine Gözen

Etsuki Ichiharas Future Sushi erinnert an ein Science-Fiction-Szenario: Hinter dem rundlaufenden Fließband mit Sushi steht ein Pepper-Roboter. Dies lässt sich aber erst auf den zweiten Blick erkennen, denn der Roboter trägt eine Maske mit einem Menschengesicht. Ekstatisch preist er das Sushi auf dem Fließband an und informiert über die Besonderheiten der einzelnen Gerichte. Das Sushi selbst weist dabei auf das hin, was der Roboter zwischen den Zeilen erzählt: Überfischung und Umweltkatastrophen haben dazu geführt, dass das traditionelle Gericht in einem neuen Gewand daherkommt, und zwar in einem, welches auf Mutation, Krieg und Zerstörung hinweist. Die futuristische Vision, die mit traditionellen Techniken aus natürlichen Materialien wie Holz, Bambus und Papier gefertigt ist, greift Fragen nach der Zukunft des traditionellen Essens ebenso auf wie jene nach der Versorgung.

Etsuko Ichihara “Future SUSHI” (2022) exhibition view ©Jiré Emine Gözen

Wer wird in der Zukunft der überalterten Gesellschaft nicht nur die Zubereitung von Essen und Bedienung in Restaurants übernehmen, sondern auch ganz konkrete Care-Arbeit wie etwa die Pflege von alten Menschen? Werden es Roboter wie Pepper sein, die hier in Menschengestalt auftreten, oder haben diese Roboter bereits ausgedient und dienen eher als Gimmick für Kunstprojekte? Die Frage nach der Migration von Menschen und Arten, welche in dieser Arbeit nur implizit adressiert wird, zeigt sich an dieser Stelle in ihrer Virulenz.

 

Etsuko Ichihara “Future SUSHI” (2022) exhibition view ©Jiré Emine Gözen

Bevorzugte Zitationsweise

Gözen, Jiré Emine: Roppongi Crossing 2022: Coming & Going. Von Bibern, Sushi und Robotern. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft, ZfM Online, GAAAP_ The Blog, , https://zfmedienwissenschaft.de/online/gaaap-blog/roppongi-crossing-2022-coming-going.

Die Open-Access-Veröffentlichung erfolgt unter der Creative Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0 DE.