Aw: Mitarbeit «Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde»
Eine Rezension zu Wilhelm Hopf (Hg.): Die Freiheit der Wissenschaft und ihre ‹Feinde›. Münster (LIT Verlag) 2019.
Im Folgenden veröffentlichen wir einen E-Mailwechsel zwischen dem Verleger des LIT Verlags Wilhelm Hopf, seinem Lektor Christian Wuttke und dem Medienethnologen Ehler Voss. Ehler Voss wurde vom LIT Verlag um den Wiederabdruck seines Texts «Maskierung als Methode» gebeten, der ebenfalls in unserer Debatte «Free Speech und rechter Populismus» erschienen ist und die Kontroverse um die Einladungen mehrerer «dezidiert konservativer und rechter Denker» an die Universität Siegen im Wintersemester 2018/19 beschreibt. Dem E-Mailwechsel, den wir hier vollständig dokumentieren, vorangestellt sind Abstracts, in denen die drei Schreibenden jeweils ihre Interpretation des E-Mailwechsels zusammenfassen.
Abstract aus Sicht des angefragten Autors Ehler Voss
Der Text kompiliert den Mailwechsel zwischen einem Verleger, seinem Lektor und einem um die Abdruckgenehmigung eines Texts gebetenen Autor. Der Autor wird vom LIT-Verlag angeschrieben, der einen bereits veröffentlichten Text in einem von dem Verleger herausgegebenen Sammelband mit dem Titel Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde wiederabdrucken möchte. Der angefragte Autor ist darin offenbar mitsamt seinem Text als «Feind der Freiheit» vorgesehen. Er befragt das Lagerdenken des Verlags und stellt über den gesamten Austausch hinweg fest, dass sich an dessen Einteilung nichts ändert und Verleger und Lektor auf ihrer asymmetrischen Konzeption beharren. Die Asymmetrie betrifft Sprechakte, Adressierungen, Wertungen und Auswahl gleichermaßen.
Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass er mit der Konzeption des Bandes nicht einverstanden sein kann und schlägt stattdessen die Veröffentlichung des Mailwechsels vor, in dem seine Kritik an dem Band und dem Vorgehen des Verlags begründet wird. Die Verhandlungen darüber gestalten sich schwieriger als erwartet, denn Verleger und Lektor bestehen einerseits immer wieder auf Trennungen und Kürzungen und anderseits auf Ausweitungen des Briefwechsels. Das Buch erscheint schließlich ohne Abdruck des Mailwechsels, dafür aber mit einer unlauteren Darstellung der Kritik an dem Band.
Der Verleger setzt das Wort Feind in Anführungszeichen und spitzt die Anrufung derjenigen, die seine Meinung nicht teilen, durch die Buchgestaltung zu, indem der mehrfache Abdruck eines Zitats von Noam Chomsky eine Gleichsetzung seiner «‹Feinde› der Freiheit» mit Goebbels und Stalin suggeriert. Auf Kritik an Titel und Buchgestaltung reagiert der Verleger mit dem Verweis, dass der Buchtitel eine Anspielung auf Karl Popper und das Zitat auf dem Buchcover von Noam Chomsky sei und fordert den Autor auf, Chomsky und Popper zu kritisieren.
Der Briefwechsel zeigt wiederholt, dass Vorwürfe an den Autor ergehen, die ihn nicht betreffen, dass Positionen verteidigt werden, die er nicht kritisiert hat, dass auf seine Gegeneinwände nicht eingegangen wird, dass journalistische und historische Mindeststandards vom Verlag nicht eingehalten werden. Der Autor macht wiederholt geltend, dass das Lagerdenken des Verlags den differenzierten und kontextabhängigen Diskussionen der einzelnen Fälle nicht gerecht wird und das Freund-Feind-Schema eines wissenschaftlichen Diskurses unwürdig ist. Von Seiten des Verlags wird offenbar nicht in Erwägung gezogen, dass sich wohl die meisten der durch das Buch in Freunde und Feinde der Freiheit Sortierten je nach spezifischer Situation und je nach Argument und Vorgehensweise mal auf der einen und mal auf der anderen Seite der von dem Verlag gezogenen Feindeslinie wiederfinden. Damit verdeutlicht das Vorgehen des Verlags exemplarisch die Vermischung, Verwechslung und Umkehrung von Positionen, die unter dem Label Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit auch in anderen Kontexten zu Serien oder Paketen geordnet werden. «Unterschiedenes ist gut», und die Möglichkeit einer gemeinsamen Wahrheitssuche und wechselseitigen Differenzierung stirbt im Prokrustesbett. Watch it die to be reborn.
Abstract aus Sicht des Verlegers Wilhelm Hopf
Zur Meinungsfreiheit gibt es in Deutschland – jenseits der Rechtslage – zwei Positionen, die beide einen Bezug zur Vergangenheit haben. Die eine Position zieht aus der Geschichte den Schluss, dass die Meinungsfreiheit einzuschränken ist, um Anfängen zu wehren. Etwa «Kampf gegen Rechts». Dies wird im weitesten Sinne als «Kampf gegen Rechts» bezeichnet. Die andere Position zieht den umgekehrten Schluss: Man möchte nie wieder in einem Land leben, in dem die Meinungsäußerung unterdrückt oder auch nur gegängelt wird. Nur die Meinungsfreiheit bewahrt vor totalitären Tendenzen. Diese Position sieht die Meinungsfreiheit und Demokratie nicht nur von rechts bedroht, sondern in vielfältiger Weise (von links, Islamisten, und so weiter. Eine für Deutschland neue Bedrohung ergibt sich, wie die Morddrohung gegen Herrn Ghadban seitens der kurdisch-libanesischen Clans zeigt – https://www.focus.de/politik/experten/ghadban/ralph-ghadban_id_5784481.html. Er hat sich zuletzt in einem Buch damit auseinandergesetzt und steht nunmehr unter Polizeischutz.). Die Gerichte in Deutschland und Europa fällen regelmäßig Urteile in diesem Verständnis. (Etwa gegen das Verbot von Wahlsendungen der NPD und die Weigerung der Vermietung städtischer Räume an die AfD usw.)
Der vielleicht bekannteste Vertreter der zweiten Position ist Noam Chomsky. Er ist radikal. («Der Kampf für die Freiheit der Rede ist von entscheidender Bedeutung, bildet diese doch das Herzstück eines ganzen Systems von Freiheiten und Rechten.») Dabei nimmt Chomsky die Einwände, die es in vielfältiger Form etwa an den Universitäten gibt, durchaus ernst. Er verweist dabei auf zwei Punkte. Erstens: Auch in den Vereinigten Staaten hat es, obwohl die Meinungsfreiheit in der Verfassung garantiert wird, lange gedauert, bis sie real geworden ist. Erst dies hat etwa die zunehmende Gleichberechtigung von Minderheiten befördert.
Zweitens nützt die Einschränkung der Meinungsfreiheit nichts, wenn man nicht nach den Gründen (roots) von Positionen, die einem nicht behagen, die man für politisch bedenklich hält, fragt. Ferner weist Chomsky darauf hin, dass mit der Meinungsfreiheit zahlreiche andere Rechte verbunden sind. Von daher ist die Frage der Meinungsfreiheit zentral. Eine Position, die vehement auch von Salman Rushdie vertreten wird und die zur Grundlage der bekannten amerikanischen Menschenrechtsorganisation ACLU gehört. Chomsky tritt auch vehement gegen die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit ein. Eine Kritik an Chomsky, um die gebeten wurde, blieb aus. Vertritt man die Position, die Meinungsfreiheit sei einzuschränken, so stellt sich die Frage, wie und durch wen dies geschehen soll. In einem Rechtsstaat sind dafür die Gerichte zuständig. Selbstverständlich ist es jedermann unbenommen, gegen missliebige und politisch bedenkliche Meinungen zu argumentieren, sie zu demonstrieren. Die Grenzen zu ziehen obliegt in einer Demokratie in keiner Weise privaten Organisationen, Institutionen, NGOs oder wem auch immer. Dafür kann es kein Verfahren geben, das in einem demokratischen Rechtsstaat tolerierbar wäre. (Es ist bisher auch kein Vorschlag dazu unterbreitet worden.)
Abstract aus Sicht des Lektors Christian Wuttke
Der vorliegende Schriftwechsel legt beredt Zeugnis ab über das Verständnis von Wissenschaftsfreiheit an deutschen Hochschulen im Jahr 2019. Was als Anfrage für eine Abdruckgenehmigung des Artikels «Maskierung als Methode» für einen Sammelband zur Wissenschaftsfreiheit begann, endete alsbald in einer grundsätzlichen Diskussion über die Konzeption des Bandes einerseits und die Bedrohung der Meinungs- und damit auch Wissenschaftsfreiheit in Deutschland andererseits.
Wie aus dem Schriftwechsel mit Herrn Voss hervorgeht, ist er der Meinung, dass das in Deutschland grundgesetzlich garantierte Freiheitsrecht der freien Meinungsäußerung in gewissen Fällen eingeschränkt gehört. Herrn Voss genügte im Falle des Seminars «Denken und Denken lassen» noch ein «entschuldigendes Bedauern» des demütigen Sünders Schönecker, weil dessen Seminar durch die falschen Redner eine «Schlagseite» bekommen habe; der AStA der Universität Siegen ging weiter: «Wir lehnen es ab, dass Rechtspopulisten an die Uni Siegen eingeladen werden», ließ eine Sprecherin das interessierte Publikum wissen. Zwei Jahre zuvor hielt Sarah Wagenknecht an gleicher Stelle einen Vortrag und, wie die Universität auf Ihrer Homepage stolz verkündet: «Hunderte kamen». Ein Protest gegen diese einseitig besetzte Veranstaltung ist nicht überliefert – weder von Herrn Voss noch vom AStA.
Die entscheidende Frage, die sich daraus ergibt, ist: Wer entscheidet darüber, wer an einer Universität sprechen darf? Die Position, dass gewisse Personen eben nicht ohne weiteres sprechen dürfen, verlangt zwingend nach einer Antwort auf diese Frage. Auch im vorliegenden Schriftwechsel vermochte Herr Voss diese nicht zu liefern.
Das Muster, mit Sprachlosigkeit auf Nachfragen bezüglich seiner Position zu reagieren, hat er allerdings nicht exklusiv inne. Vielmehr ist dieses Phänomen bei dutzenden Personen zu beobachten, die in verschiedensten Formen an Protesten gegen bestimmte Lehrveranstaltungen teilgenommen haben.
Stellvertretend für viele andere Fälle sei die Kündigung von Martin van Crevelds Gastprofessur an der Universität Trier im Jahr 2011 genannt: Nach dem ersten Vorlesungstermin hagelte es Kritik an den angeblich «frauenfeindlichen» und «militaristischen» Ausführungen van Crevelds. Offene Briefe wurden verfasst und ein vorzeitiges Ende seiner Gastprofessur gefordert. Anders als in Siegen knickte die Universität ein und folgte den Forderungen der Protestierenden. Im Namen von Vielfalt und im Kampf gegen Diskriminierung ward also ein weiterer Sieg errungen! Leider wollte sich im Nachgang keiner der tapferen Streiter für diese Werte zu seinen Beweggründen äußern.
Dieses Beispiel, und mit Abstrichen eben auch der Umgang mit Schöneckers Seminar «Denken und Denken lassen», zeigt eine gefährliche Tendenz zur Einschränkung der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit an deutschen Hochschulen. Wer sich mit Verweis auf höhere Moral an Störungen und Verhinderungen universitärer Veranstaltungen beteiligt, wer unliebsame Redner mundtot machen will und wer sich in der Frage der Wissenschaftsfreiheit auf die Seite des brüllenden Mobs stellt – der muss es aushalten, ein Feind der Freiheit geheißen zu werden.
Von: Wuttke, Christian
Gesendet: Mittwoch, 13. März 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Mitarbeit "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde"
Sehr geehrte Frau Dr. Voss,
wir bereiten momentan einen Band "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde" vor, der verschiedene Fälle von Störungen oder Verhinderungen universitärer Veranstaltungen darstellt. In diesem Zusammenhang werden wir auch die Kontroverse um Prof Schöneckers Seminar "Denken und denken lassen" dokumentieren. Uns ist an einer ausgewogenen Darstellung der Ereignisse gelegen, weshalb wir momentan noch auf der Suche nach kritischen Stimmen zum Seminar sind. Bei der Recherche zum Band bin ich auf Ihren Artikel "Maskierung als Methode" (in dieser Fassung) gestoßen und würde Sie gerne um eine Abdruckgenehmigung bitten.
Ihr Artikel würde hervorragend passen, da Sie nicht nur auf Schöneckers Seminar, sondern auch auf Mohamed Amjahid reagieren, dessen Beitrag wir ebenfalls abdrucken werden. Neben den genannten Beiträgen von Schönecker und Amjahid habe ich bereits Armin Beverungen, Markus Burkhardt und Tatjana Seitz angefragt, die ebenfalls bei zfm einen Artikel veröffentlicht haben. Anders als Prof Schüttpelz, der sich als Kritiker Schöneckers am Band beteiligt, haben diese mir den Abdruck leider verweigert. Ebenfalls angefragt haben wir Prof Vogel, der sich ebenfalls kritisch geäußert hat. Außerdem drucken wir die Stellungnahme des AStA (https://www.facebook.com/notes/asta-der-uni-siegen/offizielle-stellungnahme-zum-seminar-denken-und-denken-lassen/1936624026419024/).
Als Befürworter Schöneckers kommt bisher Prof Nickel zu Wort, außerdem drucken wir den von ihm mitunterzeichneten offenen Brief ab (http://www.uni-siegen.de/phil/philosophie/mitarbeiter/schoenecker/offener_brief_an_die_universitaetsleitung_19.12.2018.pdf).
Für weitere Fragen zum Band stehe ich gerne zur Verfügung.
Vielen Dank im Voraus und mit freundlichen Grüßen,
Christian Wuttke
Von: Wuttke, Christian
Gesendet: Donnerstag, 14. März 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Mitarbeit "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde"
Sehr geehrter Herr Dr. Voss,
entschuldigen Sie zunächst die irrtümlich falsch gewählte Anrede der letzten Mail. Und bitte entschuldigen Sie auch mein erneutes Nachhaken, aber wir würden gerne möglichst bald in Druck gehen, weswegen ich gerne noch einmal um die Abdruckgenehmigung bitten möchte.
Was meinen Sie?
Mit freundlichen Grüßen und bestem Dank im Voraus,
Christian Wuttke
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Donnerstag, 14. März 2019
An: Wuttke, Christian
Betreff: Aw: Mitarbeit "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde"
Sehr geehrter Herr Wuttke,
vielen Dank für Ihre Anfrage, meinen Text "Maskierung als Methode“ in das von Ihrem Verlag geplante Buch über Wissenschafts- und Meinungsfreiheit aufnehmen zu dürfen. Als Freund von offenen Kontroversen finde ich Ihr Anliegen grundsätzlich erst einmal gut, bin aber aufgrund des angekündigten Titels Ihres Buchs sowie nach der Lektüre der Kurzbeschreibung und des im Internet bereits zugänglichen vorläufigen Inhaltsverzeichnisses und Vorworts etwas skeptisch geworden, denn ich bekomme dadurch den Eindruck, dass die Kontroverse bei Ihnen schon im Voraus entschieden und die Suche nach „kritischen“ Beiträgen demnach eher kosmetischer Natur ist bzw. vor allem der Demonstration des zu Beweisenden bzw. des bereits Bewiesenen dient.
Ihr Buchtitel lautet: "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde“. Sie fragen mich nach einem Beitrag zu der Kontroverse um das Seminar von Prof. Schönecker, der in Siegen bereits die Bezeichnung "Freunde der Freiheit“ für sich und seine Befürworter*innen und „Feinde der Freiheit“ für seine Kritiker*innen in Anspruch genommen hat. Nach Lektüre des Ankündigungstexts gehe ich davon aus, dass der Herausgeber des Buchs die Ansicht von Prof. Schönecker tendenziell teilt und für unproblematisch hält. Darauf deutet für mich auch der angekündigte Titel seiner Einleitung „Meinungsfreiheit verteidigen“ hin. Nun suchen Sie für ein Buch mit dem Titel "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde“ nach Befürwortern und Kritikern von Prof. Schöneckers Seminar „Denken und Denken lassen". Wie soll ich unter diesen Umständen nicht davon ausgehen, dass ich bei Zusage meiner Mitarbeit implizit oder vielleicht sogar explizit (das würde ich dann vermutlich erst nach Erscheinen des Buchs feststellen) als Feind der Freiheit = Menschenrechtsverletzer (laut Buchankündigung) gebrandmarkt werde?
Auch ich sehe mich als Freund der Freiheit, der Wissenschaft und der Menschenrechte und ich halte diese dichotome und einseitig diffamierende Einteilung für kontraproduktiv, um den vielschichtigen, differenzierten und kontextabhängigen Diskussionen um Wissenschafts- und Meinungsfreiheit gerecht zu werden und diese abzubilden. Auch der Umstand, dass es ein Zitat ist, ändert nichts an dem feindseligen, spaltenden und vereinfachenden Effekt dieser Anrufung.
Titel, Ankündigung, Vorwort und vorläufiges Inhaltsverzeichnis wirken auf mich, als ob hier die in den jeweiligen Einzelfällen in der Regel detaillierten und von der Spezifik des Falls abhängigen Kritikpunkte relativ monoton mit dem allgemeinen Mantra „Es müssen doch wohl alle alles sagen können, was sie wollen, wo kämen wir da denn sonst hin!“ begegnet wird. Das wäre für mich kein lohnendes Unterfangen.
Wie mir scheint, bin ich nun allein durch Ihre Anfrage schon in einer ausweglosen Lage: Sage ich zu, nehme ich die vordefinierte Rolle des Kritikers ein, der beispielhaft als Feind der Freiheit vorgeführt wird. Sage ich ab, erscheine ich ebenfalls als Feind der Freiheit, der wie ein typischer Vertreter der unterstellten Meinungsdiktatur nicht in der Lage (Zitat Sanders im Ankündigungstext: "a sign of intellectual weakness“) oder nicht Willens ist, sich der offenen Diskussion vor dem vielbeschworenen "Gerichtshof der Vernunft“ (Kant) zu stellen und stattdessen die eigenen Ansichten lieber mit diktatorischen Mitteln der "Be- oder Verhinderung von für umstritten gehaltenen Positionen“ (Ankündigungstext) durchsetzt, denn niemand wird - wie in der Argumentation von Prof. Schönecker auch - jemals die Art der Einladung und die sich daraus ergebenden Gründe für die Absage erfahren.
Als Herausgeber des Bands wird der Leiter des Verlags Wilhelm Hopf angegeben. Nicht ganz klar ist mir, in welcher Funktion Sie mich anschreiben, ob Sie auch inhaltlich oder nur organisatorisch an dem Band beteiligt sind. Wie auch immer, bevor ich mich für oder gegen eine Mitarbeit entscheide, wäre ich dankbar, wenn ein/e inhaltlich Verantwortliche/r auf meine Bedenken antworten könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Wuttke, Christian
Gesendet: Donnerstag, 14. März 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Mitarbeit "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde"
Sehr geehrter Herr Dr Voss,
ich danke Ihnen zunächst für Ihre Antwort und die damit verbundenen offenen Worte zum Band.
Ihr Dilemma verstehe ich, vielleicht kann ich Ihnen heraushelfen. Unabhängig von der Einleitung Herrn Hopfs (die ich Ihnen morgen gerne per Mail zusende) ist uns eine ausgewogene Darstellung der Ereignisse in jedem einzelnen Fall ein Anliegen gewesen. Leider haben wir die Erfahrung machen müssen, dass gerade lautstarke Kritiker einen Abdruck Ihrer Texte oder gar den Beitrag eines neuen Textes verweigern (dies gilt sowohl für einzelne Professoren, besonders aber die politischen Aktivisten, die für Störungen oder Verhinderungen gesorgt haben - angefangen beim AStA über Gruppen, die sich als "Antifa" labeln, bis hin zur "Identitären Bewegung", die Ihre anfängliche Zusage einer Stellungnahme ebenfalls zurückgezogen hat). Warum dies so sein könnte, dazu haben Sie in Ihrer Mail einen Einblick gegeben, wir müssen mit der Tatsache arbeiten.
Die Benennung des Bandes geschah weit vor der Kontroverse um Schöneckers Seminar, ein direkter Bezug zu seinen Kritikern ist also nicht beabsichtigt. Was ich Ihnen versprechen kann, ist, dass wir Sie im Falle einer Mitarbeit natürlich nicht als "Feind der Freiheit" bezeichnen würden. Dies gilt selbstverständlich auch, wenn Sie von der Mitarbeit absehen möchten, allerdings würden wir dann - wie Sie schon richtig erahnen - die Ablehnung dokumentieren und natürlich auch auf Ihren Text verweisen (ob in Form eines Links oder anderweitig liegt nicht in meinem Ermessensspielraum, aber Sie werden verstehen, dass wir Ihre Kritik unseren Lesern zugänglich machen wollen. Dass wir Ihren Artikel für sehr passend halten habe ich bereits in der letzten Mail erwähnt).
Mit Ihrer etwas plakativen Beschreibung des "Mantras" des Bandes haben Sie in gewisser Weise recht, allerdings liegt dies nicht unbedingt in der von vornherein festgelegten Intention des Bandes, sondern vielmehr in der bereits erwähnten konsequenten Weigerung der Kritiker, ihre Kritikpunkte im Band darzulegen. Eine Mitarbeit zu verweigern und gleichzeitig die Unausgewogenheit des Bandes zu beklagen ist in meinen Augen ein Widerspruch in sich.
Was halten Sie davon: wir drucken Ihren Artikel ab und Sie erweitern diesen gerne um eine Einleitung, in der Sie Ihr Dilemma beschreiben, wie Sie es auch in Ihrer letzten Mail getan haben? Den Redaktionsschluss würden wir dafür noch einmal nach hinten verschieben.
Gerne bringe ich Ihre Bedenken morgen noch einmal Herrn Hopf gegenüber an, der Ihnen in separater Mail sicherlich auch gerne noch einmal seine Intention darlegt.
Ich verbleibe bis dahin mit freundlichen Grüßen,
Christian Wuttke
Von: Hopf | LIT Verlag Münster
Gesendet: Freitag, 15. März 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Freiheit der Wissenschaft
Sehr geehrter Herr Dr Voss,
Herr Wuttke hat mir Ihre Anfrage weitergeleitet.
1. Kurz zur Entstehung des Buches: Es entstand aufgrund studentischer Störungen von Lehrveranstaltungen, von denen unsere Autoren betroffen waren.
2. Der Band hat, wie Sie richtig feststellen, eine klare Positionierung. Er wendet sich dagegen und verweist auf die Rechtsgrundlage. Diese ist von Herrn Hufen formuliert worden.
3. Wir hatten zunächst zwei Fälle, in denen die Universitäten eingegriffen haben (Vechta und Trier). Beide Fälle fanden medial allerdings keine große Berücksichtigung. Erst der Fall in Siegen ist derart berücksichtigt worden. Er kam auf, als der Band eigentlich schon abgeschlossen war. Wir hatten generell das Problem, dass die Betroffenen, die Universität und vor allen Dingen die Akteure sich nicht äußern wollten.
4. Wir drucken gerne alle Gegenpositionen.
5. Auch im Fall Siegen ist die Rechtslage meines Erachtens relativ klar und bei Hufen nachzulesen (eine andere wurde von keinem Kritiker dargelegt). Ein Wissenschaftler kann einladen wen er will. Er muss niemanden fragen. Seine Veranstaltung muss nicht wie auch ausgewogen sein (wenn ich mich an meine Marburger Studienzeiten erinnere, so war nie etwas ausgewogen. Schon gar nicht die Studientexte). Neben der Rechtslage gibt es nun etwas, was Friedemann Vogel wie folgt formuliert: "Nicht alles, was nicht verboten ist, ist auch angemessen."
Bekanntlich kennt die Aufklärung die Tradition der "guten Zensur". Wie gesagt, die Frage nach der Durchsetzung erschließt sich auch im Fall Siegen nicht. An Antworten haben wir uns bereits versucht:
Gäbe es dazu an der Universität ein Gremium, das darüber entscheidet? Etwa im Sinne eines Ehrengerichts, das man aus ständischen Berufsverbänden kennt? Dies wäre ja theoretisch denkbar, wenn sich alle freiwillig dazu verpflichten. Auch könnte man daran denken, ähnlich zu verfahren wie "Schulen gegen Rasissmus". Die Voraussetzung ist, dass 70% der an der Schule Tätigen, die Erklärung unterschreiben.
Ferner gibt es aus der Geschichte die Inquisition, die Reichsschrifttumskammer, zahllose Zensurgesetze, das Gesetz zum Schutz der Jugend, das dann großzügig ausgeweitet wurde und bis Ende der 80er Jahre auch auf literarische Werke ausgedehnt wurde oder Shitstorm und soziale Medien. Letzteres wäre dann ähnlich wie die Reichsschrifttumskammer nicht zu kontrollieren. Alle anderen bieten geordnete Verfahren. Aus den USA haben wir folgende Möglichkeiten gefunden: https://www.nytimes.com/2017/04/24/opinion/what-liberal-snowflakes-get-right-about-free-speech.html?_r=1
6. zu den bekanntesten Verfechtern der Redefreiheit gehört, dies scheint wenig bekannt, Noam Chomsky. Für ihn gibt es bekanntlich nur zwei Positionen. Er legt dar, dass die Redefreiheit nur aufgrund eines langen Kampfes, nicht zuletzt der Arbeiterbewegung, beruht.
7. Es ist interessant zu sehen, dass etwa das letzte Buch von Sarrazin "Der neue Tugendterror" gar nicht angegriffen wurde. Wir publizieren gerne Bücher, die sich, auch einseitig im Sinne einer Kritik, mit Sarrazin auseinandersetzen. Es darf vielleicht erinnert werden, dass die Deutschlandstiftung Integration ihren Band "Sarrazin - eine deutsche Debatte" mit dem Satz beginnt: "Deutschland hat allen Grund, Sarrazin dankbar zu sein." Dankbar dafür, "eine breite Diskussion für das Für und Wider von Migration und Migranten ausgelöst" zu haben (trotz aller Fehler).
8. Was am Vorwort von Herrn Kempen lässt Sie von dem von Ihnen genannten Mantra ausgehen?
9. Wir würden uns über einen Beitrag freuen. Wenn es kurzfristig nicht möglich ist, dann gerne bei einer Neuauflage oder einem zweiten Band. Gerne machen wir auch einen Band, in dem erörtert wird, wie man dafür Sorge tragen kann, dass das nicht Angemessene verhindert wird.
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Mit freundlichem Gruß
Dr. W. Hopf
(Verleger)
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Samstag, 16. März 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster
Betreff: Aw: Freiheit der Wissenschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Hopf,
vielen Dank für Ihre Email als Reaktion auf meine Mail an Herrn Wuttke. Ich finde es gut, dass Sie von einer klaren Positionierung Ihres Bandes sprechen und nicht wie Herr Wuttke von einer intendierten Ausgewogenheit, die nur durch die Absagen der „Kritiker“ verhindert werde. Auf meine Herrn Wuttke gegenüber geäußerten Bedenken gehen Sie allerdings leider nicht ein. Trotzdem kurz zu den von Ihnen aufgeworfenen Punkten:
Den von Ihnen zitierten Satz "Nicht alles, was nicht verboten ist, ist auch angemessen“ von Herrn Vogel reißen Sie aus dem Zusammenhang bzw. ignorieren die diesem Satz nachfolgende Erläuterung. Es geht nicht um Inquisition, sondern um fachliche Auseinandersetzung und Kritik am Maßstab der von Wissenschaftler*innen selbst auszuhandelnden Normen für Kommunikation, Argumentationsplausibilität usw. (vgl. https://www.zfmedienwissenschaft.de/online/was-ist-«meinungsfreiheit»).
Ihr Verweis auf den New York Times-Artikel von Ulrich Baer erschließt sich mir nicht, denn darin geht es eigentlich nicht um geordnete Verfahren (wie Ihre Email suggeriert), sondern um eine Position, die der von Herrn Vogel sehr viel näher ist als der von Herrn Schönecker, und die auch der Auffassung von Chomsky, auf die Sie im nächsten Punkt hinweisen, deutlich entgegensteht.
Ihr Verweis auf Chomsky und auch auf Sanders, die Sie für Ihren Kampf gegen die "Feinde der Freiheit“ als Gewährsleute anführen, wirkt wie eine leicht durchschaubare Taktik, mit der man den „linken Kritikern“ nachzuweisen versucht, dass selbst ihre eigenen Helden sie als engstirnig einstufen würden. Dass aber der öffentliche Diskurs und die rechtliche Situation in den USA anders als hier in Deutschland gelagert sind, wird dabei unterschlagen. Und die Argumente der „Kritiker“ größtenteils auch.
Prof. Hufen schreibt in seinem vorab veröffentlichten Text in Ihrem Band: "Letztlich kommt es auf den offenen und die Interessen und die Rechte aller Beteiligten wahrenden Diskurs innerhalb und außerhalb der Hochschule an. Feindbilder, „Echoblasen“, Verschwörungstheorien und Dammbruchphantasien erschweren diesen Diskurs. Sie dürfen bei der rechtlichen Beurteilung keine Rolle spielen und sind einer im besten Sinne verantwortlichen „scientific community“ nicht würdig.“ Das kann ich nur unterschreiben. Und für mich sieht es so aus, dass Sie durch Ihre vordefinierte Einteilung in Freunde und Feinde der Freiheit mit ihrem Band genau das tun, was Herr Hufen kritisiert.
Sie sagen, Sie drucken gerne alle „Gegenpositionen“. Das klingt zunächst sehr ehrenhaft und offen, verliert diesen Charakter aber, indem Sie diejenigen, die einen hinterfragenden Blick einnehmen, diffamierend als Feinde der Freiheit labeln. Und das war ja der entscheidende Punkt meines Bedenkens, auf den Sie wie gesagt leider nicht eingehen. Wundert es Sie wirklich, dass unter diesen Bedingungen, wie Sie schreiben, kaum jemand bei Ihrem Band mitmachen möchte?
Mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Samstag, 16. März 2019
An: Wuttke, Christian
Kopie: Hopf | LIT Verlag Münster
Betreff: Aw: Mitarbeit "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde"
Sehr geehrter Herr Wuttke,
vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Bedenken bzgl. einer Mitarbeit an dem von Ihrem Verlag geplanten Sammelband "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde“. In der Zwischenzeit habe ich auch eine Email von Herrn Hopf bekommen, dem Sie meine Email weitergeleitet hatten, aber noch nicht, wie von Ihnen angekündigt, seine Einleitung in den Band. Ich habe Herrn Hopf schon geantwortet und setze ihn zur Kenntnis hier in Kopie.
Leider verstärken sich durch Ihre beiden Antworten nur meine Bedenken. Sie, Herr Wuttke, sagen zwar, dass Sie durch meine Email einen Einblick bekommen haben, weswegen Ihnen bereits so viele Angefragte abgesagt haben, aber ich habe nicht den Eindruck, dass Sie wirklich verstanden haben, was ich meinte.
Sie schreiben, dass Ihnen "eine ausgewogene Darstellung der Ereignisse in jedem einzelnen Fall ein Anliegen gewesen“ sei. "Leider haben wir die Erfahrung machen müssen, dass gerade lautstarke Kritiker einen Abdruck Ihrer Texte oder gar den Beitrag eines neuen Textes verweigern.“ Weiter schreiben Sie: "Mit Ihrer etwas plakativen Beschreibung des "Mantras" des Bandes haben Sie in gewisser Weise recht, allerdings liegt dies nicht unbedingt in der von vornherein festgelegten Intention des Bandes, sondern vielmehr in der bereits erwähnten konsequenten Weigerung der Kritiker, ihre Kritikpunkte im Band darzulegen. Eine Mitarbeit zu verweigern und gleichzeitig die Unausgewogenheit des Bandes zu beklagen ist in meinen Augen ein Widerspruch in sich.“
Eine von Ihnen implizit anerkannte Unausgewogenheit Ihres Bandes werfen Sie nun den „Kritikern“ vor. Durch die Verweigerung der Zusammenarbeit mit Ihnen seien diese für die Unausgewogenheit verantwortlich. Diese Argumentation leuchtet mir nicht ein. Ein Sammelband wird doch nicht automatisch dadurch ausgewogen, dass man einfach alle im Voraus definierten „Lager“ versammelt. Um Ausgewogenheit zu erzeugen, ist ein gewisses Verständnis für die verschiedenen Positionen in einer Kontroverse nötig und eine Bereitschaft, den anderen Positionen auch gerecht zu werden. Und diese kann ich im Fall Ihres Bandes bisher nicht entdecken, da reicht auch nicht Ihre Behauptung einer guten Intention.
Abgesehen davon bezogen sich meine artikulierten Bedenken nicht auf eine unausgewogene Zusammensetzung des Bandes, sondern auf dessen Rahmung, die einem simplen Freund-Feind-Schema folgt. Und zumindest von Armin Beverungen, Marcus Burkhardt, Tatjana Seitz und Friedemann Vogel weiß ich, dass genau dies ein entscheidender Grund für ihre Absage war.
Dass Sie, falls ich eine Zusammenarbeit mit Ihnen ablehne, meine Ablehnung dokumentieren wollen, begründen Sie damit, dass Sie meine Kritik Ihren Leser*innen zugänglich machen wollen. Auch dieses Argument leuchtet mir nicht ein, denn der von Ihnen angefragte Text ist seit knapp zwei Monaten öffentlich auf einem Blog der Zeitschrift für Medienwissenschaft frei abrufbar.
Sie schreiben außerdem: „Die Benennung des Bandes geschah weit vor der Kontroverse um Schöneckers Seminar, ein direkter Bezug zu seinen Kritikern ist also nicht beabsichtigt.“ Es tut mir leid, dass sich mir die Logik auch dieses Satzes nicht erschließt, denn der Titel betrifft mich, sobald ich in dem Band erscheine, egal wann er verfügt wurde.
Zur Beruhigung schreiben Sie: "Was ich Ihnen versprechen kann, ist, dass wir Sie im Falle einer Mitarbeit natürlich nicht als "Feind der Freiheit" bezeichnen würden. Dies gilt selbstverständlich auch, wenn Sie von der Mitarbeit absehen möchten, allerdings würden wir dann – wie Sie schon richtig erahnen – die Ablehnung dokumentieren und natürlich auch auf Ihren Text verweisen (ob in Form eines Links oder anderweitig liegt nicht in meinem Ermessensspielraum, aber Sie werden verstehen, dass wir Ihre Kritik unseren Lesern zugänglich machen wollen. Dass wir Ihren Artikel für sehr passend halten habe ich bereits in der letzten Mail erwähnt).“
Sie versprechen mir also einerseits, dass Sie mich im Falle einer Mitarbeit nicht als "Feind der Freiheit“ bezeichnen werden. Leider hatten Sie mir nicht beantwortet, in welcher Funktion Sie mich anschreiben und welchen inhaltlichen Einfluss Sie auf den Band haben. Aber ich entnehme diesen Sätzen, dass Sie mir immerhin ein solches Versprechen geben können, ich also eine inhaltliche Einflussmöglichkeit Ihrerseits annehmen muss. Und auch für den Fall, dass ich nicht mitarbeite, versprechen Sie mir, werden Sie mich ebenfalls nicht als "Feind der Freiheit" bezeichnen. Gleichzeitig sagen Sie mir aber auch, läge es nicht in Ihrem „Ermessenspielraum", was Herr Hopf dann aus meiner Absage mache. Darin erkenne ich einen Widerspruch. Was kann ich unter diesen Umständen von einem solchen Versprechen halten?
Abgesehen davon: Ich hatte zwar die Befürchtung geäußert, evtl. explizit als "Feind der Freiheit" bezeichnet zu werden, aber das war ja gar nicht der Hauptpunkt. Vor allem ging es mir um die implizite Bezeichnung. Denn durch den Titel und die Konzeption des Bandes erfolgt eine unausweichliche Einordnung in die Kategorie "Feinde der Freiheit“ all derjenigen, die sich fragen, ob wirklich alle Menschen überall und immer alles sagen dürfen sollen.
Vielleicht sollten Sie einfach die Idee der Ausgewogenheit aufgeben und sich zur Unausgewogenheit bekennen, statt krampfhaft den Eindruck einer Ausgewogenheit erwecken zu wollen, der ebenso wie der Bezug auf Popper am Ende doch nur wie ein rhetorischer Trick erscheint. Damit wäre glaube ich schon viel gewonnen. Ich begrüße es, dass Herr Hopf dies in seiner Antwort an mich nicht getan hat.
Prof. Daniel Stein aus Siegen schrieb mir zu Ihrer Buchankündigung: "Bei der nächsten inhaltlichen Kontroverse in der Amerikanistik könnte ich ja mal rumfragen, wer bei einem Band zum Thema ‚Die Guten gegen die Bösen' mitmachen will, natürlich in der Rolle der Bösen (denn die Rolle des Guten ist dann ja schon vergeben).“ Dieses Bild bringt auch auf den Punkt, was Sie mir anbieten. Lassen Sie mich zur Verdeutlichung Ihr Angebot an mich dementsprechend zusammenfassen:
„Hallo Herr Voss. Wir drehen hier gerade einen sehr wichtigen Film über die Freiheit, in dem die Guten gegen die Bösen kämpfen und am Ende glorreich als Sieger dastehen werden. Die Rollen der Guten sind leider schon vergeben, sorry, aber wir suchen noch ein paar Leute für die Rollen der Bösen. Deswegen wende ich mich an Sie. Wir haben schon alle Ihre Freunde gefragt, aber sie haben seltsamerweise alle abgesagt. Wir verstehen das zwar überhaupt nicht, aber müssen nun irgendwie damit umgehen. Aber auch Sie würden perfekt zu dieser Rolle passen. Sorry, dass wir uns so spät bei Ihnen melden, uns ist es leider erst jetzt aufgefallen, dass bei einem guten Film die Bösen auch irgendwie erscheinen müssen, denn sonst könnte uns vorgeworfen werden, der Film sei zu einseitig und zu langweilig und dadurch zu unprofessionell. Entschuldigen Sie bitte, dass ich deswegen so drängle, aber Sie müssten sich bitte umgehend entscheiden, denn der Film ist im Grunde fertig und wir wollen den Film so schnell wie möglich zeigen, aber für Sie würden wir den Termin auch noch etwas nach hinten verschieben. Ach so, und keine Sorge, Sie werden in dem Film nicht „der Böse“ genannt werden, das kann ich Ihnen versprechen, Sie werden einfach nur so aussehen, das wird sich dann von selbst verstehen, Sie brauchen also gar nichts weiter zu tun. Das ist doch mal ein Angebot, oder?"
Nein, ich finde, das ist kein gutes Angebot und deswegen möchte ich nicht Teil Ihrer Choreographie werden, indem Sie meinen bereits veröffentlichten Text „Maskierung als Methode“ in Ihr Schema einsortiert abdrucken.
Dennoch möchte ich Ihr Angebot nicht gänzlich ausschlagen, sondern Ihnen einen neuen Text anbieten. Und zwar den vorliegenden Mailwechsel, denn ich finde ihn sehr erhellend. Ich hänge Ihnen diesen aufbereitet als Word-Dokument noch einmal an diese Email an.
Bitte schicken Sie mir vor Abdruck die Korrekturfahnen zur Abnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Hopf | LIT Verlag Münster
Gesendet: Donnerstag, 21. März 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Freiheit der Wissenschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Voss,
nun möchten wir die Sache nicht allzu sehr ausdehnen. Herr Wuttke ist zur Zeit im Urlaub. Der Redaktionsschluss verschiebt sich damit auf Ende des Monats.
Die Positionen widersprechen sich ja auch nicht. Die Positionierung ist doch klar gewesen (und sie ergibt sich auch aus der Rechtslage) und es ging ja um die Verteidigung unserer Autoren – wohlgemerkt. Wir vertreten eine These, die sich mit der juristischen Situation beschäftigt und eine bürgerlich/zivilgesellschaftliche, die mit Chomsky erläutert wird. Warum es sich da um einen Trick handeln soll, ist unklar. Was den Wissenschaftsbereich angeht, dürfte es keine relevanten juristischen Unterschiede geben (bis auf die Frage der Beleidigung usw. und verständlicherweise öffentliche Äußerungen zum Holocaust, um die es hier glücklicherweise nicht geht).
Zu dieser Position laden wir ein, Kritik zu formulieren. Dies ist seitens der Universitäten auch jeweils geschehen.
1. Noch einmal zum Titel. Er ist offensichtlich eine Anspielung auf Popper, der übrigens weitaus mehr berücksichtigt wird als Chomsky, und seine Formulierung ist bisher noch nie kritisiert worden. Wir haben aber "Feinde" gern in Anführungsstriche gesetzt.
Bisher hat sich noch niemand, auch kein Universitätsrektor, als Feind angesprochen gefühlt. Auch könnte ich mich nicht erinnern, dass das ein Argument im Positivismusstreit war. Meines Wissens hat niemand Poppers Formulierung persönlich auf sich bezogen.
2. Bernie Sanders hat zu einem konkreten Fall in den USA Stellung genommen, in dem die Studenten eine rechte Provokateurin verhindert haben. Der Band beginnt mit der Auseinandersetzung in den USA (und geht dann auf Großbritannien über). Dies lässt sich aus dem veröffentlichen Inhaltsverzeichnis schon entnehmen. Bernie Sanders Position ist doch eine politische und für die Universität naheliegend: Inhaltlich zu argumentieren. Was zudem nicht schwierig sein dürfte, da etwa Sarrazin genügend Angriffspunkte bietet und Jongen von seinem Doktorvater als intellektuelles Leichtgewicht gesehen wird.
3. Der Band tritt für die Wissenschaftsfreiheit ein, nicht für die von den Wissenschaftlern vertretenen Positionen (diese sind in diesem Zusammenhang völlig gleichgültig, siehe Hufen). Schöneckers Recht, die Veranstaltung durchzuführen, ist ja auch von niemandem ernsthaft bestritten worden, auch vom Rektor der Universität nicht.
Hufen legt dies dar, und dann am Ende folgt der von Ihnen zitierte Satz.
4. Wie kann man sich also den wissenschaftlichen Diskurs, auf den Sie rekurrieren und auf den von Vogel rekurriert wird, vorstellen? Nun stellen wir uns konkret vor, auf der einen Seite Chomsky und auf der anderen Seite die von Ihnen vertretene Position. Wenn man zu keiner Einigung kommt, was ist dann zu tun? Nach Popper wäre Kritik und Selbstkritik angebracht. Auf jeden Fall müsste man Positionen inhaltlich kritisieren. Und am Ende bleiben unterschiedliche Positionen.
5. Es sei angemerkt, dass Chomsky mit seiner Position keineswegs alleine steht, sondern diese die Position der bekannten Menschenrechtsorganisation ACLU ist. Auch der Vorwurf, es würde sich hier um eine extreme Auslegung des First Amendment handeln, dürfte kaum zutreffen.
Zu dem Bezug auf unsere Vergangenheit kann man auch zu einer völlig anderen Position gelangen; da in Deutschland schon zwei Mal die Meinungsfreiheit aufs Äußerste unterdrückt worden ist, sollte man allen Anfängen wehren. (So etwa Ingo von Münch, Verfassungs- und Völkerrechtler).
6. Die Störungen der Studenten, die es ja scheinbar in Siegen auch in leichter Form gegeben hat, und deren entsprechende Ankündigung wohl auch den Polizeieinsatz notwendig gemacht hat, zeigt ja, dass es Akteure gibt, die die Freiheit der Wissenschaft anders sehen. Die sie darin sehen, dass eine bestimmte Gruppe das Recht hat, darüber zu entscheiden. Dazu haben wir weder von den Studenten etwas gehört (deshalb der Hinweis auf den New York Times Artikel). Man kann es dankbar registrieren, wenn Studenten auf Probleme hinweisen, aber dann doch wie es der Rektor sieht, als friedliche Demonstration. Die Notwendigkeit des Polizeieinsatzes muss doch betroffen machen.
7. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass wir den Band schon abgeschlossen hatten, als Siegen dazu kam. Bei den anderen Fällen gab es vergleichsweise wenige Stellungnahmen. Von daher passt der Fall editorisch gesehen nicht gut in den Band.
8. Wir werden natürlich keine Namen nennen, sondern, wenn wir keine Texte erhalten, ganz wertneutral die Links angeben. Es gibt übrigens eine Klapptafel mit einer politischen Stellungnahme von Herrn Prof. Schüttpelz. Auch da werden die Links angegeben.
9. Wir können Ihnen gerne anbieten, einen eigenen Band zu machen, in dem Sie einen eigenen Titel formulieren und die Konzeption des Bandes festlegen. Sozusagen als Kritik auch an unserem Band. Wenn Sie dem zustimmen (ich spreche Sie jetzt sozusagen als Vertreter der von Ihnen genannten Personen an), ließe sich überlegen, ob wir den Fall Siegen aus unserem Band herausnehmen und ihn dann in Ihren überführen. Selbstverständlich nur, wenn Sie dies mögen.
10. Wenn ich es richtig verstanden haben, könnten Sie sich vorstellen, den Briefwechsel abgedruckt zu sehen. Auch dagegen ist nicht einzuwenden. Sie haben diesen ja freundlicherweise im Anhang angehängt. Ich darf Sie bitten, das kurz noch einmal zu bestätigen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Mit freundlichem Gruß
Dr. W. Hopf (nach Diktat verreist)
(Verleger)
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Sonntag, 24. März 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster
Betreff: Aw: Freiheit der Wissenschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Hopf,
vielen Dank für Ihre Email, Sie haben recht, ich denke auch, wir sollten das an dieser Stelle nicht weiter ausdehnen, denn zu Ihrer letzten Mail gäbe es aus meiner Sicht nun auch wieder einiges zu sagen, und vermutlich würde das dann immer so weitergehen.
Und ja, Sie haben es richtig verstanden, ich würde mich darauf einlassen, den Mailwechsel, so, wie er nunmal war, in Ihren Band aufnehmen zu lassen. Aber bitte verwenden Sie die an diese Email angehängte Version des Texts. Beim nochmaligen Durchlesen der Datei, die ich Herrn Wuttke und Ihnen am 16.3. geschickt hatte, habe ich bemerkt, dass eine Email von Herrn Wuttke in dem Verlauf fehlte. Die an diese Email angehängte Version ist nun komplett. Bevor Sie den Text drucken, senden Sie mir bitte unbedingt die Druckfahnen zur Abnahme.
Mit freundlichen Grüßen,
Ehler Voss
Von: Hopf | LIT Verlag Münster
Gesendet: Dienstag, 26. März 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Freiheit der Wissenschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Voss,
dann verbleiben wir so. Herr Wuttke wird sich nach seinem Urlaub wieder darum kümmern. Selbstverständlich bekommen Sie die Fahnen. Wir werden Ihren Briefwechsel auf der Rückseite von Herrn Schüttpelz' Beitrag (der als Klapptafel kommt) unterbringen.
Nicht extra haben Sie sich dazu geäußert, ob es nicht möglich ist, einen kleinen Extraband mit Ihrer Kritik herauszubringen.
Mit freundlichem Gruß
Dr. W. Hopf
(Verleger)
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Freitag, 29. März 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster
Betreff: Aw: Freiheit der Wissenschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Hopf,
Erhard Schüttpelz sagte mir, er habe mit Ihnen bzw. Herrn Wuttke vereinbart, dass auf der Rückseite seiner Klapptafel Links zu seinen Beiträgen zum Thema gedruckt werden. Abgesehen davon bevorzuge auch ich einen Abdruck des Mailwechsels als Artikel direkt im Band.
Danke für die Nachfrage bzgl. des von Ihnen vorgeschlagenen Extrabands. Im Moment fehlt mir dazu die Zeit, aber ich behalte Ihr Angebot im Hinterkopf. Allerdings frage ich mich, ob es wirklich eine gute Idee ist, unterschiedliche Positionen in unterschiedlichen Bänden unterzubringen, statt sie in einen Dialog treten zu lassen.
Mir ist aufgefallen, dass ich auch zwei Punkte Ihrer vorherigen Mail nicht beantwortet hatte. Diese sollten wir der Vollständigkeit halber für den Artikel im Anschluss an Chomsky noch nachträglich ergänzen:
Sie weisen darauf hin, dass manche Menschen meinen, Deutschland habe allen Grund, Sarrazin dankbar zu sein, dass er trotz aller Fehler eine breite Diskussion um das Für und Wider von Migration und Migranten ausgelöst habe. Die Frage, wofür wir Herrn Sarrazin und seinem Versuch, den Topos des Bevölkerungsaustauschs salonfähig zu machen, dankbar sein können, erscheint seit dem gestrigen Attentat von Christchurch leider noch einmal in einem anderen und deutlicheren Licht.
In dem Vorwort von Herrn Kempen meinte ich vor allem die einseitige Positionierung Ihres Bandes zu erkennen, die mir der von Herrn Wuttke behaupteten Ausgewogenheit zu widersprechen schien.
Ich füge diese Stellen gerne noch ein.
Mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Wuttke, Christian
Gesendet: Dienstag, 2. April 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Mitarbeit "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde"
Hallo Herr Voss,
entschuldigen Sie bitte die späte Antwort, ich war im Urlaub. Den von Ihnen vorgeschlagenen Text können wir so natürlich nicht drucken. Wir müssten Ihren Austausch mit Herrn Hopf herausnehmen (sowohl seine als auch Ihre Mail – es wird sonst zu lang) und ich müsste noch einmal die Gelegenheit bekommen, auf Ihre letzte Mail an mich zu antworten (auch das werden Sie einsehen, Sie haben ansonsten deutlich mehr Raum als ich). Ich kann Ihnen meine Antwort am Donnerstag zukommen lassen, einverstanden?
Beste Grüße,
Christian Wuttke
Von: Wuttke, Christian
Gesendet: Donnerstag, 4. April 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Mitarbeit "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde"
Sehr geehrter Herr Voss,
darf ich einmal nachfragen, wie Sie zu untenstehendem Vorschlag stehen?
Mit freundlichen Grüßen,
Christian Wuttke
Von: Hopf | LIT Verlag Münster
Gesendet: Freitag, 5. April 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Freiheit der Wissenschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Voss,
nun schließen wir unsere kleine Korrespondenz ab. Herr Wuttke ist ja wieder da.
1. Der Dank stammt aus einem Band herausgegeben von der wohl in dieser Angelegenheit unverdächtigen "Deutschlandstiftung Integration". Eine ähnliche Position hat Helmut Schmidt mehrfach vertreten.
2. Von der Islamisierung Europas warnte vor einiger Zeit der eher als linksliberal einzuschätzende Wiener Kardinal Schönborn.
3. Das Vorwort von Herrn Kempen und der Band sind natürlich insofern einseitig, weil die Rechtslage einseitig ist. Dies ist ja auch in Siegen festgestellt worden. Es bestreitet niemand, dass Recht von Herrn Schönecker. Er hätte es nur nicht wahrnehmen sollen, so könnte man formulieren.
4. Entstanden ist der Band ja wie gesagt, weil unsere Autoren durch studentische Störungen behindert worden sind.
5. Auf meine Frage, wie die Alternative aussieht, wie der Diskurs ablaufen sollte, wie man einen Professor dazu bringen könnte, seine Position zu revidieren, sind Sie nicht und sonst auch niemand eingegangen. Mir ist noch eingefallen, dass man das Parteiausschlussverfahren als Modell nehmen könnte. Damit ist die SPD bei Sarrazin ja zweimal gescheitert. Sarrazin ist also ein zweifach geprüfter Sozialdemokrat. Das Parteiengesetz stützt sich auf das Grundgesetz, auf das Parteienprivileg und ist bewusst so konstruiert, dass man missliche Positionen nicht etwa von der Parteispitze ausschließen kann.
6. Der Ausgewogenheit, also der Gegenthese, wollten wir genügend Raum einräumen. Allerdings ist es natürlich schwierig, eine Gegenthese zur bestehenden Rechtslage zu formulieren.
7. Sarrazin hat, soweit mir bekannt ist, nie zu Gewalt aufgerufen. Dass sich potentielle Attentäter auf ihn in Deutschland beziehen könnten, ist selbstverständlich nicht auszuschließen. Dafür kann man ihn aber nicht verantwortlich machen. Ebenso wenig wie man die Kollegen von Prof. Patzelt, die ihn kritisiert haben, dafür verantwortlich machen kann, dass die Antifa sein Auto abgefackelt hat. Marx kann man auch nicht dafür verantwortlich machen, dass sich Megamörder wie Stalin und Mao auf ihn berufen.
8. Zur Diskussion gibt es ein beeindruckendes Video: https://www.youtube.com/watch?v=f_YoWL9UDBQ . "Free Speech" ist gerade ein Mittel der Unterdrückten gewesen und hat zur Liberalisierung der USA geführt.
Mit freundlichem Gruß
Dr. W. Hopf
(Verleger)
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Sonntag, 7. April 2019
An: Wuttke, Christian
Betreff: Aw: Mitarbeit "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde"
Sehr geehrter Herr Wuttke,
vielen Dank für Ihre Email. Sie schreiben: "Den von Ihnen vorgeschlagenen Text können wir so natürlich nicht drucken. Wir müssten Ihren Austausch mit Herrn Hopf herausnehmen (sowohl seine als auch Ihre Mail – es wird sonst zu lang) und ich müsste noch einmal die Gelegenheit bekommen, auf Ihre letzte Mail an mich zu antworten (auch das werden Sie einsehen, Sie haben ansonsten deutlich mehr Raum als ich).“
Also gut, wenn das für Sie natürlich ist, dann machen wir das so. Sie wollen nicht nur das erste, sondern auch das letzte Wort haben, dann sollen Sie es bekommen. Ich hänge Ihnen meinen Text nun noch einmal um die Korrespondenz mit Herrn Hopf bereinigt an diese Email an. Bitte fügen Sie Ihre Antwort am Ende ein. Und die versprochene, aber bisher immer noch nicht zugesandte Einleitung von Herrn Hopf lese ich einfach, wenn der Band erschienen ist.
Dann bin ich gespannt, ob Sie Ihr Freund-Feind-Schema tatsächlich zur Anwendung bringen und bleibe
mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Hopf | LIT Verlag Münster
Gesendet: Mittwoch, 10. April 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Abschließende Stellungnahme
Sehr geehrter Herr Voss,
um die Angelegenheit abzuschließen, darf ich kurz noch einmal Stellung nehmen. Herr Wuttke hat sich, was meine Funktion anbetrifft, nicht klar ausgedrückt. Ich hatte lediglich darauf hingewiesen, dass wir die Leser nicht mit langweiligen Ausführungen langweilen dürfen, wir müssen also Ihren Schriftwechsel kürzen. Wir können natürlich den ganzen Briefwechsel auf jeden Fall per Link auf der Homepage mit dem Buch verlinken.
Vielleicht wäre die Lösung einfach, dass man die Ausführungen von Herrn Wuttke weglässt und Sie kurz Ihre Ablehnung begründen. Diese ist ja schon enthalten.
Das Argument mit dem Film/Amerikanisten gilt meines Erachtens in keiner Weise. Denn wir haben es hier mit einer Rechtslage zutun, die noch dazu zu dem Kernbestand des Grundgesetzes gehört, also nicht veränderbar ist. Auf meine Fragen, wie denn ein anderes Verfahren aussehen sollte, habe ich weder von Ihnen noch von anderen Leuten jemals auch nur die Andeutung einer Lösung gehört. Wenn man sich das konkret vorstellt, alle Verfahren universitätsintern, also etwa mit einem Peer-Review-Verfahren vor Seminaren (die die Zustimmung des Betroffenen erfordern würden), bleibt immer noch der Weg zu den ordentlichen Gerichten und ggf. zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der bekanntlich eher dem amerikanischen Verständnis zuneigt.
Darüber hinaus haben, wie Sie vielleicht bemerkt haben, die bekanntesten deutschen Wissenschaftsorganisationen, die Alexander-von-Humboldt-Stiftung, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Helmholtz-Gesellschaft, die Hochschulrektorenkonferenz, die Max-Planck-Gesellschaft, die Nationale Akademie der Wissenschaften Lepoldina und der Wissenschaftsrat eine Kampagne für die Freiheit der Wissenschaft gestartet, die auf der Linie des Buches liegt, also einseitig ist. Mit gutem Grund haben Sie das Grundgesetz abgebildet. https://www.forschung-und-lehre.de/politik/kampagne-fuer-die-freiheit-der-wissenschaft-1603/
Mit freundlichem Gruß
Dr. W. Hopf
(Verleger)
Von: Hopf | LIT Verlag Münster
Gesendet: Donnerstag, 11. April 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Entscheidung
Sehr geehrter Herr Voss,
aus technischen Gründen, nicht zuletzt der Osterzeit, müssen wir heute eine Entscheidung fällen.
Mir erscheint es ausreichend Ihre mail vom 14.3. zunehmen, Mit der Vorbemerkung: Auf unsere Anfrage erhielten Wir folgende Stellungnahme:
Die Korrepondenz ist deshalb so nicht abdruckbar, weil unsere Korrespondnez auch erwähnt wird, das würde dann zu weiteren ausdehnung führen.
Alternativ stellen wir gern alles ins Netz. (oder Parallel)
Mit freundlichem Gruß
Dr. W. Hopf
(Verleger)
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Donnerstag, 11. April 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster
Betreff: Aw: Entscheidung
Sehr geehrter Herr Hopf,
ich versuche mal, weiterhin sachlich und höflich zu bleiben.
Gestern schrieben Sie mir unter dem Betreff „Abschließende Stellungnahme“: "Herr Wuttke hat sich, was meine Funktion anbetrifft, nicht klar ausgedrückt. Ich hatte lediglich darauf hingewiesen, dass wir die Leser nicht mit langweiligen Ausführungen langweilen dürfen, wir müssen also Ihren Schriftwechsel kürzen. Wir können natürlich den ganzen Briefwechsel auf jeden Fall per Link auf der Homepage mit dem Buch verlinken. Vielleicht wäre die Lösung einfach, dass man die Ausführungen von Herrn Wuttke weglässt und Sie kurz Ihre Ablehnung begründen. Diese ist ja schon enthalten.“
Fast schon schade, dass Herr Wuttke nun doch nicht mehr zu seiner angekündigten Antwort auf meine letzte Email kommt, darauf war ich ja schon sehr gespannt. Abgesehen davon, dass ich nicht sehe, wo Herr Wuttke sich unklar ausgedrückt hat: Die Anfrage und die Antworten von Herrn Wuttke im abzudruckenden Text wegzulassen und stattdessen nur kurz zu begründen, warum ich nicht mit meinem bereits veröffentlichten Beitrag „Maskierung als Methode" in Ihrem Band „Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde“ erscheinen möchte, macht keinen Sinn, denn die Abbildung meines Mailwechsels mit Herrn Wuttke ist ja Teil der Begründung meiner Ablehnung.
Heute schreiben Sie mir in einer weiteren Email, diesmal unter dem Betreff „Entscheidung“: "Die Korrepondenz ist deshalb so nicht abdruckbar, weil unsere Korrespondnez auch erwähnt wird, das würde dann zu weiteren ausdehnung führen.“ Und Sie schlagen vor: "Mir erscheint es ausreichend Ihre mail vom 14.3. zunehmen, Mit der Vorbemerkung: Auf unsere Anfrage erhielten Wir folgende Stellungnahme:“
Langsam wird es verworren: Zuerst sollten also nur Ihre Emails und meine Antworten darauf aus dem abzudruckenden Mailwechsel rausgestrichen werden und der abzudruckende Mailwechsel stattdessen um eine Antwort von Herrn Wuttke erweitert werden. Dann sollte plötzlich Herr Wuttke doch lieber nicht mehr antworten und er darüber hinaus sogar ebenfalls ganz aus dem abzudruckenden Mailwechsel verschwinden. Und am Ende sollen jetzt auch noch alle meine Emails entfallen bis auf meine erste Antwort auf Herrn Wuttkes Anfrage.
Dadurch wird diese „Angelegenheit“, wie Sie es nennen, immer absurder. Nur meine erste Antwort vom 14.3. abzudrucken, die– sollte es Ihnen entgangen sein – übrigens alles andere als eine „Stellungnahme“ ist, macht noch weniger Sinn. Denn in dieser Mail drücke ich ja nur meine ersten Bedenken gegenüber Ihrem offensichtlichen Freund-Feind-Schema und meine daraus resultierende Unentschiedenheit bzgl. einer Mitarbeit an Ihrem Band aus (übrigens ändert sich der Sachverhalt auch nicht dadurch, dass Sie inzwischen das Wort Feind im Titel Ihres Buchs in Anführungszeichen schreiben, wie ich gerade auch Ihrer Homepage gesehen habe). Erst die Antworten von Herrn Wuttke und Ihnen auf meine erste fragende Email haben ja zu meiner Entscheidung geführt, der von Ihnen gewünschten Art der Zusammenarbeit nicht zuzustimmen. Welche Erkenntnisse sollten Leser*innen aus dieser ersten Email denn ziehen? Erkenntnisse ergeben sich ja erst durch Einblicke in den weiteren Verlauf des Mailwechsels.
Unter diesen von Ihnen nach und nach immer weiter beschränkten Bedingungen sehe ich meine Position nicht adäquat wiedergegeben und sehe auch nicht, dass Sie Interesse daran haben. Daher muss ich leider von einer Zusammenarbeit mit Ihnen absehen.
Sie schreiben: "Alternativ stellen wir gern alles ins Netz. (oder Parallel).“ Über einen alternativen Veröffentlichungsort werde ich nachdenken.
Mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Hopf | LIT Verlag Münster
Gesendet: Freitag, 12. April 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Entscheidung
Sehr geehrter Herr Voss,
nun sehen wir Beteiligten die Sache schon als verworren an, wie soll das ein Aussenstehender erst betrachten? (Habe das von 3. Lesen lassen.)
wie erwähnt, hat Siegen sowohl den zeitlichen als seitenmäßigen Umfang gesprengt.Wir waren ja praktisch vorher fertig.
wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie keine Online Veröffentlichung
und ggf irgendwann halten Sie eine seperate für denkbar.
Sie können (und andere) auch gerne in Ruhe einen Text schreiben, bzw aus dem Briefwechsel zusammenfassen und wir bringen das in einer Neuauflage,
die er wohl im Laufe des sommers gibt. Wir müssen abschließen, da Ferien sind in NRW und ich, wie andere mit kleinen Kindern, anderes zu tun haben.
Offen sind aus meiner Sicht:
1. Wie ist Ihre Stellung zur Rechtslage?
2. Wie wollen Sie in dem von Ihnen bevorzugten Diskurs zu einer Entscheidung kommen?
Ich schicke Ihnen ein Buch.
Schöne Ostern
Mit freundlichem Gruß
Dr. W. Hopf
(Verleger)
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Samstag, 13. April 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster; Wuttke, Christian
Betreff: Aw: Entscheidung
Sehr geehrter Herr Hopf, sehr geehrter Herr Wuttke,
ist schon nicht so einfach, den Überblick zu behalten, wenn man dauernd die Bedingungen ändert und zudem die eine kollegiale Hand nicht weiß, was die andere macht. Aber stimmt ja, wenn man dabei am Ende ganz durcheinanderkommt, kann man ja immer noch versuchen, sein Gegenüber dafür verantwortlich zu machen.
Und wenn man gewohnt ist, Meinungen und Tatsachen zu verwechseln und diese in ein Freund-Feind-Schema einzusortieren, verstehe ich natürlich, dass man alle, die die eigene Position in Frage stellen, nur als Feinde der „Freiheit“ wahrnehmen kann. Nur verpasst man dabei die Chance, zu erkennen, dass sein Gegenüber die ganze Zeit versucht, einen davor zu bewahren, mit solchen Simplifizierungen völlig an der Sache vorbeizurennen und gleichzeitig genau das zu tun, was man immer den anderen vorwirft, nämlich einen offenen Diskurs zu verhindern.
Da Sie so gerne berühmte Zitate von Linken für Ihre Sache anführen, hier noch zwei berühmte Zitate von Rechten, die für Sie vielleicht erhellend sein könnten, von Feinden ist dabei übrigens auch die Rede:
"Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren. […] Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir.“ – Joseph Goebbels 1928.
"Das wird immer einer der besten Witze der Demokratie bleiben, daß sie ihren Todfeinden die Mittel selber stellte, durch die sie vernichtet wurde.“ – Hans Schwarz van Berk 1935.
Wie auch immer, wenn ich Sie nach Ihrem ganzen Hin und Her richtig verstehe, möchten Sie nicht, dass unser Mailwechsel Ihr schönes Buch stört, haben aber nichts gegen eine Veröffentlichung des Mailwechsels an anderer Stelle. Nur um sicherzugehen: bitte bestätigen Sie mir, dass Sie damit einverstanden sind, dass ich unseren Mailwechsel inklusive Ihrer Emails an anderer Stelle veröffentliche.
Mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: XXXX
Gesendet: Montag, 15. April 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Buchsendung
Sehr geehrter Herr Voss,
ich darf Ihnen mitteilen, dass Herr Doktor Hopf im Urlaub ist (in den Schulferien mit seinem kleinen Sohn) und erst Ende des Monats wieder zurück ist.
Das Buch wird nächste Woche erscheinen und wir übersenden Ihnen ein Exemplar. Das wäre ja dann auch die aktuelle Situation auf die man sicher beziehen könnte.
Mit freundlichen Grüßen
XXXX
Lektor für Soziologie, Pädagogik, Medizin, Sprache, Kunst
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Freitag, 3. Mai 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster
Betreff: Veröffentlichung
Sehr geehrter Herr Hopf,
heute erhalte ich Ihr Buch. Vielen Dank. So in etwa hatte ich mir Ihre Einleitung vorgestellt. Sie schreiben:
„Es erwies sich als unmöglich, die universitätsinternen Kritiker zu Stellungnahmen zu bewegen – mit Ausnahme Professor Schüttpelz, der sich in poetischer Form äußert (siehe Faltblatt). Auch bereits publizierte Positionen wurden nicht zum Abdruck freigegeben. Die Weigerung der Kritiker bezieht sich im Wesentlichen auf zwei Aspekte: Die Einseitigkeit des Bandes, die schon im Vorwort zum Ausdruck kommt (Die Antwort: Die Rechtslage ist „einseitig", war sicher nicht hilfreich) und der Titel, in dem von „Feinden" die Rede ist. Auch die offensichtliche Tatsache, dass es sich dabei um eine Anspielung auf Popper handelt, wirkte nicht. Soweit bekannt, wurde dieser Vorwurf Popper noch nicht gemacht. Gleichwohl wurde der Titel dahingehend verändert, dass die Feinde nun in Anführungsstrichen stehen. Die Bezugnahme auf Chomsky wurde als Trick bezeichnet (Es wurde daraufhin gebeten Chomsky zu kritisieren). Auch das Angebot einen eigenen Band zu konzipieren, wurde nicht aufgegriffen.* Es bleibt dem mündigen Leser vorbehalten (ebenso wie man es von den mündigen Teilnehmern des Seminars annehmen durfte), sich ein eigenes Bild zu machen und sich gegebenenfalls anderswo zu informieren.
* Die Wiedergabe eines umfangreichen Briefwechsels erfolgt, sofern die Zustimmung erteilt wird, im Netz, oder in einer gekürzten für den Leser gewinnbringenden Fassung in einer Neuauflage.“
Ich muss wohl annehmen, dass sich der oben zitierte Abschnitt auch auf unsere Korrespondenz bezieht. Vielleicht hilft es daher, wenn ich meine Richtigstellungen noch einmal aufzähle:
1. Ich habe nichts gegen Einseitigkeit, solange nicht versucht wird, sie zu verschleiern und als Ausgewogenheit zu verkaufen. Ihr klares Bekenntnis zur einseitigen Ausrichtung hatte ich daher ja sogar explizit begrüßt, wenn ich sie auch, wie gesagt, wenig lohnenswert finde. Herr Wuttke jedoch bezeichnete Ihren Band als den Versuch einer ausgewogenen Dokumentation, dessen Unausgewogenheit nur auf eine „Verweigerung“ der „Kritiker“ zurückzuführen sei. Allein auf die Widersprüchlichkeit Ihrer Darstellungen hatte ich hingewiesen.
2. Das Recht auf eine Einladung von Marc Jongen und Thilo Sarrazin oder anderen wurde von mir nicht in Frage gestellt. Es geht um eine Kritik an bestimmten Positionen und spezifischen Vorgehensweisen, und vielen in Siegen ging es um die Frage, ob sich die Positionen, die zur Diskussion stehen, überhaupt noch im rechtmäßigen Rahmen befinden.
3. Eine pauschale Einteilung in Freunde und Feinde der Freiheit entspringt einem diffamierenden Lagerdenken. Und durch die Buchgestaltung setzen Sie die von Ihnen als Feinde der Freiheit Kategorisierten nun auch noch (wieder ganz unschuldig hinter einem Zitat versteckt) mit Goebbels und Stalin gleich. Damit widerspricht Ihr Band dem von Prof. Hufen einleitend geforderten "offenen und die Interessen und die Rechte aller Beteiligten wahrenden Diskurs innerhalb und außerhalb der Hochschule“. Ihr Titel und die Konzeption des Bandes fördert ein Denken in Feindbildern, welches Prof. Hufen als "einer im besten Sinne verantwortlichen 'scientific community' nicht würdig“ bezeichnet. Diese Einschätzung von Herrn Hufen teile ich. Ich frage mich, wie Sie sich auf Herrn Hufen als Gewährsmann für Ihre Sache beziehen können, ohne zu erkennen, dass das widersprüchlich ist.
4. Sie weisen bei Kritik an Ihrem Titel immer wieder darauf hin, dass es sich dabei um eine Anspielung auf Karl Popper handelt, als ob dies ein Argument ist. Das mag vielleicht mit Ihrer Favorisierung von Autoritätsargumenten zusammenhängen. Eine Aussage ist jedoch nicht dadurch schon ein Argument, nur weil irgendjemand sie irgendwann einmal gesagt hat – egal, wie berühmt diese Person ist. Ob nun Noam Chomsky, Karl Popper, Bernard Sanders, Helmut Schmidt, Kardinal Schönborn oder wer auch immer angeblich irgendetwas ebenfalls so und so sieht oder einmal gesagt hat, macht eine Sache nicht zwangsläufig besser oder einleuchtender. Abgesehen davon ist Ihre Indienstnahme Poppers zur Verteidigung der Gegner einer offenen Gesellschaft mehr als fragwürdig.
5. Wohin eine solche Autoritätsgläubigkeit führen kann, haben Sie ja bei Ihrer Unterzeichnung der „Erklärung 2018“ selbst gesehen. Vielleicht hilft es unserer Diskussion, wenn wir uns daran erinnern: Sie schreiben als Begründung für die Rücknahme Ihrer Unterschrift: „Ich hatte ohne Prüfung der Initiatorin (ehemals bekannt als DDR-‚Bürgerrechtlerin‘) Vera Lengsfeld vertraut und nicht genügend wahrgenommen, dass die Erklärung zu vereinfachenden populistischen Folgerungen verleitet: Das hätte nicht passieren dürfen.“ Vgl. http://www.lit-verlag.de/erklaerung2018.shtml (wobei mir allerdings unverständlich bleibt, warum man beim Unterzeichnen einer Erklärung, die – wie die „Erklärung 2018“ – nur aus zwei einfachen Sätzen besteht, nicht versteht, worum es geht, sondern auf die Initiatorin vertrauen muss, aber dies nur nebenbei).
6. Sie fragten mich, ob ich "einen kleinen Extraband mit Ihrer Kritik" in Ihrem Verlag herausgeben möchte. Ich schrieb daraufhin: "Im Moment fehlt mir dazu die Zeit, aber ich behalte Ihr Angebot im Hinterkopf. Allerdings frage ich mich, ob es wirklich eine gute Idee ist, unterschiedliche Positionen in unterschiedlichen Bänden unterzubringen, statt sie in einen Dialog treten zu lassen." Sie machen daraus in Ihrer Einleitung: „Auch das Angebot einen eigenen Band zu konzipieren, wurde nicht aufgriffen“ und suggerieren damit eine Diskursverweigerung. Das ist unlauter.
7. Sie schreiben in Ihrer Einleitung zudem: „Ferner sind ‚Seminartexte' von Dr. Sarrazin und Dr. Jongen aufgenommen, um Gelegenheit zu geben sich selbst ein Bild zu machen. Folgt man diesen Berichten, so wurde in den jeweiligen Seminarveranstaltungen die Möglichkeit zur Kritik scheinbar kaum genutzt“. Diese Darstellung ist irreführend und falsch. Die universitätsinterne Kritik in Siegen richtete sich auf die begleitenden öffentlichen Veranstaltungen mit Marc Jongen und Thilo Sarrazin, nicht auf das Seminar. Und bei diesen öffentlichen Veranstaltungen wurde sehr wohl stark diskutiert. Allerdings haben dabei allein die von Herrn Schönecker und auch Ihnen als Feinde der Freiheit diffamierten Kritiker der Veranstaltung versucht, die Vortragenden nach den Regeln des Gerichtshofs der Vernunft zu behandeln. Der Veranstalter Dieter Schönecker hat sich an der von ihm eingeforderten Arbeit der argumentativen Auseinandersetzung mit den Positionen nicht beteiligt!
8. Gegen solche Arten der Einseitigkeit, wie Sie sie in Ihrer Einleitung vornehmen, habe ich dann allerdings doch etwas. Sie machen Ihren Band unbrauchbar als ernstzunehmende Informationsquelle. Ich frage mich, ob diese Darstellung von Ihnen auf schlechter Recherche oder auf bewusster Verzerrung beruht. Falls ersteres der Fall sein sollte, empfehle ich u.a. folgenden Beitrag von Erhard Schüttpelz und Nadine Taha im Schweizer Monat: https://schweizermonat.ch/die-brauerei-am-gerichtshof-der-vernunft/
9. Sie haben ja nun in Ihrer Einleitung die Veröffentlichung eines "umfangreichen Briefwechsels" angekündigt und suggerieren, dass die Veröffentlichung nur noch meiner Zustimmung bedarf, obwohl es ja Sie waren, an dem eine Veröffentlichung bisher scheiterte. Aber gut, wenn Sie sich nun doch dazu entscheiden konnten und ich keinen Einspruch mehr von Ihnen höre, kann ich ja nun endlich den kompletten Mailwechsel zwischen Ihrem Verlag und mir im Internet veröffentlichen, damit – um es mit Ihren Worten zu sagen – sich die mündigen Leser*innen auch anderswo informieren und ein eigenes Bild machen können.
Mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Hopf | LIT Verlag Münster
Gesendet: Montag, 6. Mai 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Veröffentlichung
Sehr geehrter Herr Voss,
vielen Dank für die große Mühe. Vorab meine Frage, ob man nicht den von Ihnen geschriebenen Text in der Neuauflage, die ansteht, einfach aufnehmen kann (und das schon Vorgeschlagene), wo ich auch gerne meinen Text präzisiere.
Zur Veröffentlichung im Internet müssten Sie mir noch mitteilen, wo Sie das vorhaben, damit wir einen Link machen können, und die vollständige Datei schicken, um auch die Reihenfolge zu sehen.
Ich hatte ja auch für diese Variante zu bedenken gegeben, dass man Einiges streichen sollte.
Ich darf Sie darauf hinweisen, dass es juristisch unkorrekt ist, eine Zustimmung aus einer Nicht-Antwort abzuleiten. Ich darf Sie also bitten, die Texte nur nach meiner ausdrücklichen Zustimmung zu veröffentlichen.
Zu Ihrem letzten Schreiben gibt es Einiges zu sagen. Dies käme dann darauf an, ob dies auch noch veröffentlicht werden soll.
Ihre Argumentation, mich als autoritätsgläubig hinzustellen, geht schon familiär ins Leere. Mein Großvater hat seinen Schuldienst nicht angetreten, weil er die Ergebenheitserklärung für Kaiser Wilhelm nicht abgegeben hat, mein Vater wurde aus der bayrischen Landeskirche ausgeschlossen, weil er als Lutheraner die Union nicht mitgemacht hat, und ich habe z.B. an der Verleihung des Abiturzeugnisses nicht teilgenommen aus Solidarität mit einem Mitschüler, den man wegen mangelndem Schlips nicht zugelassen hat. Ich war der Erste, der seine Religionsmündigkeit durchsetzte an unserem Gymnasium (u.a. in kirchlicher Trägerschaft. Dies fällt mir gerade ein, da wir 50-jähriges Jubiläum haben.). Meinen Doktorvater N. Elias habe ich kritisiert.
Chomsky und Popper sind doch gerade wegen ihren kritischen Haltungen bekannt. Popper ruft immer zur Selbstkritik auf. Es geht um die Methode Popper (z.B. S.29) Chomsky hat sich ausführlich und differenziert zu der hier anstehenden Problematik geäußert. Wir haben einen Text noch aufgenommen (S.63f). Frau Lengsfeld ist mir aus Zeiten, als ich die DDR häufig besucht habe, bekannt. Danach habe ich ihren Lebenslauf nicht weiter verfolgt.
Es gäbe also Einiges anzumerken. Wo steht Ihre Kritik an Chomsky und Popper? Wie soll (nochmals) universitär die Entscheidung laufen? Der von Ihnen erwähnte Text von Schönpelz ist sogar auf der Klapptafel vermerkt. Leider sollte er hier nicht abgedruckt werden. Wir haben uns in dem Buch nicht in die inhaltliche Diskussion eingemischt. Wir haben deshalb auch keine Zitate aus den Veröffentlichungen gebracht, auch um uns nicht der Kritik auszusetzen, die Falschen zu bringen.
Mit freundlichem Gruß
Dr. W. Hopf
(Verleger)
PS. Und nochmals: Der Band ging aus von Störungen, Siegen ist eine Ausnahme.
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Montag, 6. Mai 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster
Betreff: Aw: Veröffentlichung
Sehr geehrter Herr Hopf,
vielen Dank für Ihre Antwort. Ich schicke Ihnen gerne wie gewünscht den Link zur Veröffentlichung, damit Sie den Briefwechsel verlinken können. Er wird auf den Online-Debatten-Seiten der Zeitschrift für Medienwissenschaft erscheinen. Den Briefwechsel hatte ich Ihnen ja nun schon mehrfach geschickt, aber ich hänge ihn trotzdem gerne noch einmal an diese Email an, damit Sie wie gewünscht ein weiteres Mal die Gelegenheit bekommen, die Reihenfolge überprüfen zu können. Ich habe auch Ihre letzte Antwort hinzugefügt, damit Ihre Entgegnung noch mit aufgenommen ist.
Ich wäre Ihnen allerdings sehr dankbar, wenn Sie die Sache nun nicht noch weiter in die Länge ziehen würden. Bei Bedarf können Sie sich ja an anderer Stelle noch zu dem Briefwechsel äußern (ich habe schließlich auch nicht alles gesagt, was ich zu Ihren Briefen zu sagen hätte). Das würde sonst wirklich den Rahmen sprengen.
Sie haben mir nun schon so oft geschrieben, dass wir diesen Mailwechsel komplett im Internet veröffentlichen können und immer wieder haben Sie einen Rückzieher gemacht. Und in Ihrer Einleitung stellen Sie es dann so dar, als ob eine Veröffentlichung nur noch der Zustimmung eines Anderen bedarf. Ich bitte Sie nun, zu Ihrem Wort zu stehen, damit wir diese Sache endlich abschließen können.
Nur meine Teile aus dem Briefwechsel zu veröffentlichen, macht keinen Sinn, da diese nur zusammen mit allen Briefen aus Ihrem Verlag verständlich werden. Aber Sie haben Recht, der Briefwechsel ist mittlerweile sehr lang geworden und wird dadurch vermutlich nur wenige Leser*innen finden. Deswegen können wir gerne noch einmal darüber nachdenken, wie wir darüberhinaus weiter verfahren wollen, um evtl. bestimmte Positionen pointierter zum Ausdruck zu bringen.
Fürs Erste sollten wir nun aber einfach den kompletten Mailwechsel dokumentieren, so wie er war, und in voller Länge. Dann kann sich jede*r Interessierte ein eigenes Bild machen. Ich denke, das sind Sie mir und den anderen „Kritiker*innen“ nach Ihrer verzerrenden Darstellung in der Einleitung und der Gleichsetzung mit Goebbels und Stalin schuldig.
In Erwartung einer baldigen ausdrücklichen Zustimmung zur Veröffentlichung des Briefwechsels und
mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Christian Wuttke
Gesendet: Dienstag, 7. Mai 2019
An: Voss, Ehler
Kopie: Hopf | LIT Verlag Münster
Betreff: Veröffentlichung unserer Korrespondenz
Sehr geehrter Herr Dr Voss,
ich bin mittlerweile aus dem Verlag ausgeschieden und daher auch nicht mehr in die weitere Entwicklung des Bandes, der ja mittlerweile erschienen sein soll, eingebunden. Aus diesem Grund bin ich mir auch unsicher, wie Sie mit Herrn Hopf bezüglich einer möglichen Veröffentlichung verblieben sind, möchte aber darauf hinweisen, dass Herr Hopf nicht dazu befugt ist, etwaige Mails von mir zur Veröffentlichung freizugeben.
Unsere Verabredung sah damals vor, dass Sie mir noch einmal die Möglichkeit zur Antwort einräumen; diese Antwort hat Herr Hopf Ihnen - so weit ich das beurteilen kann - nie zukommen lassen, weshalb dies nun mit dieser Mail geschehen soll. Ich weise Sie darauf hin, dass ich einem Abdruck der sonstigen Korrespondenz mit mir nur unter der Bedingung zustimme, dass die untenstehende Mail noch angefügt wird, ansonsten muss ich eine Veröffentlichung leider ausdrücklich untersagen. Diese Beschränkung gilt selbsterverständlich auch für Herrn Hopf.
Ich danke für Ihr Verständnis und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Christian Wuttke
Sehr geehrter Herr Dr Voss,
zunächst einmal vielen Dank, dass Sie mir noch einmal die Möglichkeit zur Antwort einräumen.
Die Unausgewogenheit des Bandes habe ich nicht nur „implizit anerkannt“, wie Sie schreiben, sondern sie aktiv benannt und mein Bedauern darüber ausgedrückt. Denn natürlich war es unser Anspruch, alle Seiten zu Wort kommen zu lassen. Zwei verschiedene Dinge werfen Sie hier durcheinander:
1. Die Positionierung des Bandes. Zu dieser ist im Beitrag von Professor Hufen alles gesagt: "Die Freiheit wissenschaftlicher Lehre ist Bestandteil und zugleich Kern der Wissenschaftsfreiheit." Und: "Art und Anlass, Wert und Unwert, Praxisnähe und Praxisferne sind für die grundsätzliche Geltung der Wissenschaftsfreiheit belanglos." Dies gilt natürlich auch für Schöneckers Seminar „Denken und Denken lassen“.
2. Die Ausgewogenheit des Bandes. Wie am Kapitel "Siegen" pars pro toto zu sehen ist, zeichnen sich die Darstellungen der einzelnen Fälle durch eine gewisse Unausgewogenheit aus, da haben Sie Recht. Diese ergibt sich in einer Diskussion ganz natürlich, wenn einer der Diskussionspartner gar nicht erst zu Wort kommt oder, wie im vorliegenden Band, nicht einmal zu Wort kommen will. Dadurch erkenne ich aber keineswegs eine intentionelle Einseitigkeit des Bandes an, sondern lediglich Realitäten. Von Unterzeichnern offener Briefe über verschiedenste Hochschulangehörige (studentische Hochschulgruppen, ASten, Professoren und Dozenten) bis zu politisch extremen Gruppierungen (sich als „Antifa“ labelnde Gruppen ebenso wie die „Identitäre Bewegung“) wurden uns dutzendfach eigene Beiträge oder der Nachdruck bereits veröffentlichter Positionen abgesagt. Ich versuche also nicht „krampfhaft den Eindruck einer Ausgewogenheit“ zu erwecken, sondern habe in den vergangenen Monaten „krampfhaft“ versucht, eben diese herzustellen. Was mehr kann man bei der Abbildung einer Diskussion tun, als beide Seiten nach ihrer Sicht der Dinge zu fragen? Sie fordern darüber hinaus „Verständnis für die verschiedenen Positionen“. Hier muss ich Ihnen widersprechen. Ich brauche kein Verständnis für die Position eines bestimmten Akteurs, um ihn seine Positionen darlegen lassen zu können. Gerade an diesem Missverständnis entbrannte ja erst die Kontroverse um das in Frage stehende Seminar Schöneckers.
Wenn z.B. in Klagenfurt ein Trupp vermummter „Identitärer“ eine missliebige Vorlesung stürmt und dabei Gewalt anwendet; wenn sich eine Universitätsleitung aufgrund einiger protestierender Studenten, denen die vorgetragenen Inhalte nicht passen, dazu entschließt, einen Fellowship-Vertrag vorzeitig aufzulösen (so geschehen in Trier); oder wenn ein Seminartermin (wie in Wien) aufgrund „antifaschistischer“ Proteste nicht stattfinden kann, ein Professor also objektiv in seiner Wissenschaftsfreiheit eingeschränkt wird, dann muss ich den Beteiligten an solchen Aktionen keinerlei Verständnis entgegenbringen, um sie in einem Diskussionsband zu Wort kommen zu lassen. So viel zur Unausgewogenheit.
Sie schreiben weiter, dass Ihre Bedenken bezüglich einer Mitarbeit am Band „auf dessen Rahmung, die einem simplen Freund-Feind-Schema folgt“ beruhten. Sie haben außerdem „die Befürchtung geäußert, evtl. explizit als "Feind der Freiheit" bezeichnet zu werden, aber das war ja gar nicht der Hauptpunkt. Vor allem ging es [Ihnen] um die implizite Bezeichnung. Denn durch den Titel und die Konzeption des Bandes erfolgt eine unausweichliche Einordnung in die Kategorie "Feinde der Freiheit“ all derjenigen, die sich fragen, ob wirklich alle Menschen überall und immer alles sagen dürfen sollen.“
Diese Geisteshaltung wird in Ihrem Aufsatz "Maskierung als Methode" noch schöner veranschaulicht, weshalb ich eine Passage daraus zitieren möchte, bevor ich näher darauf eingehe. Sich auf Jongen und Sarrazin beziehend schreiben Sie dort:
„Und natürlich bleibt unklar, was dies alles mit Meinungsfreiheit und ihrer angeblichen Unterdrückung zu tun haben soll, wenn lauter Menschen eingeladen werden, die zu den Privilegierten dieser Gesellschaft gehören […] und in allen Medien zu sehen, zu hören und zu lesen sind – und sich trotzdem ständig beklagen, ihre Meinung werde unterdrückt […], weil sie offenbar Widerspruch mit Unterdrückung und Zensur gleichsetzen.“
Ihre Argumentation unterstellt, dass die in Deutschland grundgesetzlich verbriefte Meinungsfreiheit unter gewissen Bedingungen (in diesem Falle Sarrazins Medienpräsenz) nicht für jeden gelten muss. Privilegierte dieser Gesellschaft (gehören nicht auch Sie zu diesem illustren Kreis?) müssen sich also genau überlegen, wann Sie von Ihrem Rederecht Gebrauch machen, schließlich erlischt es, sobald es einmalig oder - Gott bewahre! - mehrfach genutzt wurde.
Gilt dieses Ihr Verständnis von Meinungsfreiheit eigentlich auch für andere im Grundgesetz verbriefte Freiheitsrechte? Oder, um einige von Ihnen so geschätzte, plastische Vergleiche heranzuziehen: Wenn Sie heute Abend auf dem Nachhauseweg überfallen und ausgeraubt werden, dürfen Sie dies dann überhaupt bei der Polizei anzeigen? Schließlich muss ich annehmen, dass Ihre körperliche Unversehrtheit in den letzten Jahren so gut wie täglich gewährleistet gewesen ist; und wie kommen Sie darauf, abends Ihre Türe abzuschließen? Die Unverletzlichkeit Ihrer Wohnung wurde schon viel zu lange garantiert, damit muss nun aber langsam einmal Schluss sein. Außerdem ist es an der Zeit, die wöchentlich stattfindenden Fridays for Future-Demonstrationen von der Polizei auflösen zu lassen - Versammlungsrecht ist zwar schön und gut, aber wöchentlich über Monate hinweg? Nein, das Ende der Fahnenstange ist erreicht! Erschwerend kommt hinzu, dass einige der Organisatoren schon in Talkshows gesehen wurden, das Kontingent an Redefreiheit der privilegierten Gymnasiasten dürfte also längst aufgebraucht sein.
Ich halte dieses Verständnis freiheitlicher Grundrechte für einigermaßen merkwürdig und denke nicht – um den Bogen wieder zum von Ihnen so gefürchteten „Freund-Feind-Schema“ zu schlagen –, dass eine wie auch immer gelagerte Konzeption des Bandes diesem „impliziten“ Eindruck entgegenwirken könnte. Oder mit anderen Worten: Wenn dies Ihre Position ist, dann bedarf es keiner besonderen Konzeption, um Sie unter der Rubrik "Feind der Freiheit" zu subsumieren. Nennen Sie mich konservativ oder aus der Zeit gefallen, aber nach meinem Verständnis haben die im Grundgesetz verbrieften Freiheitsrechte uneingeschränkt zu gelten. Dies schließt Schöneckers Freiheit, in seine Seminare einzuladen, wen immer er auch für geeignet hält, ausdrücklich ein (siehe Professor Hufens Beitrag).
Ihren gut gemeinten Rat gebe ich also gerne zurück: Vielleicht sollten Sie einfach die Idee, dass Sie ein "Freund der Freiheit" sind, aufgeben und sich dazu bekennen, dass Sie von Meinungsfreiheit nicht sonderlich viel halten, sobald es um eine Ihnen missliebige Position geht. Damit wäre schon viel gewonnen und auch einem Nachdruck Ihres Beitrags könnten Sie endlich vorbehaltlos zustimmen.
Mit den besten Grüßen,
Christian Wuttke
Von: Christian Wuttke
Gesendet: Dienstag, 7. Mai 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Nachtrag
Sehr geehrter Herr Dr Voss,
vor einer möglichen Veröffentlichung senden Sie mir bitte das endgültige Dokument noch einmal zur Abnahme zu, das habe ich in der letzten Mail zu erwähnen vergessen. Haben Sie vielen Dank.
Mit den besten Grüßen,
Christian Wuttke
Von: Hopfbüro | LIT Verlag Münster
Gesendet: Freitag, 10. Mai 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Veröffentlichung des Briefwechsels
[Der Nachfolger von Herrn Wuttke schickt folgenden Text von Herrn Hopf, der noch in die Veröffentlichung aufgenommen werden solle, verbunden mit dem Wunsch, die eigene Email nicht in die Veröffentlichung einzubeziehen und noch einmal den letzten Stand des Briefwechsels zur Freigabe vorgelegt zu bekommen]
Abschließende Anmerkung
zur Meinungsfreiheit gibt es in Deutschland – jenseits der Rechtslage – zwei Positionen, die beide einen Bezug zur Vergangenheit haben. Die eine Position zieht aus der Geschichte den Schluss, dass die Meinungsfreiheit einzuschränken ist, um Anfängen zu wehren. Etwa „Kampf gegen Rechts“. Dies wird im weitesten Sinne als „Kampf gegen Rechts“ bezeichnet. Die andere Position zieht den umgekehrten Schluss: Man möchte nie wieder in einem Land leben, in dem die Meinungsäußerung unterdrückt oder auch nur gegängelt wird. Nur die Meinungsfreiheit bewahrt vor totalitären Tendenzen. Diese Position sieht die Meinungsfreiheit und Demokratie nicht nur von rechts bedroht, sondern in vielfältiger Weise (von links, Islamisten, und so weiter. Eine für Deutschland neue Bedrohung ergibt sich, wie die Morddrohung gegen Herrn Ghadban seitens der kurdisch-libanesischen Clans zeigt –https://www.focus.de/politik/experten/ghadban/ralph-ghadban_id_5784481.html. Er hat sich zuletzt in einem Buch damit auseinandergesetzt und steht nunmehr unter Polizeischutz.). Die Gerichte in Deutschland und Europa fällen regelmäßig Urteile in diesem Verständnis (Etwa gegen das Verbot von Wahlsendungen der NPD und die Weigerung der Vermietung städtischer Räume an die AfD usw.).
Der vielleicht bekannteste Vertreter der zweiten Position ist Noam Chomsky. Er ist radikal. („Der Kampf für die Freiheit der Rede ist von entscheidender Bedeutung, bildet diese doch das Herzstück eines ganzen Systems von Freiheiten und Rechten.“) Dabei nimmt Chomsky die Einwände, die es in vielfältiger Form etwa an den Universitäten gibt, durchaus ernst. Er verweist dabei auf zwei Punkte. Erstens: Auch in den Vereinigten Staaten hat es, obwohl die Meinungsfreiheit in der Verfassung garantiert wird, lange gedauert, bis sie real geworden ist. Erst dies hat etwa die zunehmende Gleichberechtigung von Minderheiten befördert.
Zweitens nützt die Einschränkung der Meinungsfreiheit nichts, wenn man nicht nach den Gründen („roots“) von Positionen, die einem nicht behagen, die man für politisch bedenklich hält, fragt. Ferner weist Chomsky darauf hin, dass mit der Meinungsfreiheit zahlreiche andere Rechte verbunden sind. Von daher ist die Frage der Meinungsfreiheit zentral. Eine Position, die vehement auch von Salman Rushdie vertreten wird und die zur Grundlage der bekannten amerikanischen Menschenrechtsorganisation ACLU gehört. Chomsky tritt auch vehement gegen die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit ein. Eine Kritik an Chomsky, um die gebeten wurde, blieb aus.Vertritt man die Position, die Meinungsfreiheit sei einzuschränken, so stellt sich die Frage, wie und durch wen dies geschehen soll. In einem Rechtsstaat sind dafür die Gerichte zuständig. Selbstverständlich ist es jedermann unbenommen, gegen missliebige und politisch bedenkliche Meinungen zu argumentieren, zu demonstrieren. Die Grenzen zu ziehen obliegt in einer Demokratie in keiner Weise privaten Organisationen, Institutionen, NGOs oder wem auch immer. Dafür kann es kein Verfahren geben, das in einem demokratischen Rechtsstaat tolerierbar wäre. (Es ist bisher auch kein Vorschlag dazu unterbreitet worden.)
Mit freundlichem Gruß
Dr. W. Hopf
(Verleger)
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Montag, 13. Mai 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster; Wuttke, Christian
Betreff: Zustimmung zur Veröffentlichung unseres Briefwechsels
Sehr geehrter Herr Hopf, sehr geehrter Herr Wuttke,
im Anhang - wie von Ihnen beiden gewünscht - ein weiteres Mal der bisherige Verlauf unseres Briefwechsels. Ihre beiden letzten Emails habe ich Ihrem Wunsch entsprechend am Ende noch mit aufgenommen.
Bitte schicken Sie mir nun beide möglichst bald eine eindeutig formulierte Zustimmung zur Veröffentlichung unseres Briefwechsels. Er wird wie gesagt in dem Online-Debattenteil der Zeitschrift für Medienwissenschaft erscheinen.
Mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Christian Wuttke
Gesendet: Dienstag, 14. Mai 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster; Voss, Ehler
Betreff: AW: Zustimmung zur Veröffentlichung unseres Briefwechsels
Sehr geehrter Herr Dr Voss,
da die von Ihnen übermittelte Datei nicht unserer Absprache entspricht, muss ich Ihre Bitte um Zustimmung leider ablehnen.
Gerne sende ich Ihnen aber im Anhang eine Datei, die Sie so veröffentlichen können. Der Text ist hier um die Korrespondenz mit Herrn Hopf bereinigt, so wie unsere Absprache vom 2.4. ursprünglich vorsah. Wie bereits erwähnt, bin ich mittlerweile aus dem Verlag ausgeschieden. Ihre Mail vom 13.4. hat mich daher auch nicht mehr erreicht, ebenso wie mir Ihre Korrespondenz mit Herrn Hopf bis eben größtenteils unbekannt war. Da mein Schriftwechsel mit Ihnen unabhängig von dem Herrn Hopfs ist, sehe ich auch weiterhin keinen Grund, beide Korrespondenzen miteinander zu verwursten. Wie Sie mit Herrn Hopf bezüglich einer Veröffentlichung Ihrer Korrespondenz mit ihm verbleiben, ist Ihrer beider Sache.
Gestatten Sie mir aber noch eine letzte Anmerkung (Sie haben mir doch seinerzeit freundlicherweise das letzte Wort überlassen):
Dass die Veröffentlichung "auf den Online-Debatten-Seiten der Zeitschrift für Medienwissenschaft" stattfinden soll, war mir bisher nicht bekannt, ist aber einigermaßen amüsant.
Einerseits weigern Sie sich, Ihren Text im Band veröffentlicht zu sehen, weil "dessen Rahmung, die einem simplen Freund-Feind-Schema folgt", Ihnen nicht gefällt.
Andererseits fordern Sie von Herrn Hopf und mir mit einiger Vehemenz eine Abdruckgenehmigung unserer Korrespondenz unter der Rubrik "Free speech und rechter Populismus" (dort soll die Korrespondenz doch erscheinen, nehme ich an?), der eine kurze Einleitung und Einsicht in die Ausrichtung vorangestellt ist: "Der europäische und weltweite politische Rechtsruck mag in deutschen Universitäten weniger heftig spürbar sein als an den Außengrenzen und in minorisierten Gemeinschaften, aber [...] er unterminiert allgemeiner Konzepte der Freiheit von Lehre und Forschung an den Universitäten – im Namen von demokratischen Freiheitsrechten."
Großartig, Herr Voss. Zunächst verweigern Sie eine Abdruckgenehmigung, weil Sie Angst haben, als Kritiker Schöneckers als „Feind der Freiheit“ eingeordnet werden zu können. Im nächsten Schritt drehen Sie den Spieß kurzerhand um und versuchen nun Ihrerseits eine entsprechende „Rahmung“ zu installieren und Herrn Hopf und mich dem "weltweite[n] Rechtsruck" zuzuordnen. Sie haben allerdings Glück: Ihre "Rahmung" nehme ich zur Kenntnis und ansonsten auf die leichte Schulter. Und auch Ihre "implizite Einordnung in die Kategorie" "rechter Populismus" werde ich auszuhalten wissen. Veröffentlichen Sie also gerne das angehängte Dokument dort, wo es Ihnen am besten scheint. Vorher aber noch ein schönes Zitat von Ihnen, das Sie in der Korrespondenz mit Herrn Hopf angeführt haben und wunderbar an diese Stelle passt: „Ich habe nichts gegen Einseitigkeit, solange nicht versucht wird, sie zu verschleiern und als Ausgewogenheit zu verkaufen. Ihr klares Bekenntnis zur einseitigen Ausrichtung hatte ich daher ja sogar explizit begrüßt, wenn ich sie auch, wie gesagt, wenig lohnenswert finde.“ Nun, zu verschleiern haben Sie nichts versucht, lediglich einige Informationen nicht preisgegeben, aber wer wird schon Haare spalten? Eines wundert mich aber trotzdem: Wenn doch eine einseitige Ausrichtung „wenig lohnenswert“ ist, sehen Sie dann entweder die Einseitigkeit im Debattenteil der Zeitschrift für Medienwissenschaft nicht oder gibt es gute und schlechte Einseitigkeit, wobei Sie sich natürlich nur an der schlechten reiben?
Zum Schluss sei noch einmal Ihr schönes Bild der Filmproduktion bemüht, hier Ihre Anfrage entsprechend zusammengefasst:
Nein, lieber Herr Wuttke, in Ihrem Film möchte ich nicht mitspielen. Auch wenn Sie mich sogar einen eigenen Figurentext schreiben ließen, so stoße ich mich doch an Titel und Requisite. Zufällig habe ich aber ein Drehbuch zu einem anderen Film in der Schublade liegen. Das heißt, so ganz anders ist er nicht, auch dieser Film handelt von Freiheit. Aber ich darf den Guten spielen und dieses Mal sind Sie der Böse; das verrate ich Ihnen aber jetzt noch nicht, werden Sie dann schon nach Veröffentlichung feststellen. Titel und Requisite sind auch ganz anders als bei Ihrem Film, kann ich Ihnen aber leider ebenfalls nicht verraten. Nur so viel: Produziert wird der Film von der Produktionsfirma zfm. Mehr müssen Sie nun aber wirklich nicht wissen, jetzt spielen Sie schon mit!
Ich spiele gerne mit und freue mich auf den Link zur Veröffentlichung.
Stets mit freundlichen Grüßen
Christian Wuttke
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Freitag, 17. Mai 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster; Christian Wuttke
Betreff: AW: Zustimmung zur Veröffentlichung unseres Briefwechsels
Sehr geehrter Herr Hopf, sehr geehrter Wuttke,
danke für Ihre zahlreichen Emails in den letzten zwei Wochen. Danke auch, Herr Hopf, für die ungefragte Zusendung des Buchs mit Ihrer posthumen kritischen Beschreibung von Norbert Elias. Zudem hat mir Herr Wuttkes Nachfolger in der Zwischenzeit weitere Aufforderungen zu einer Stellungnahme zu Herrn Wuttkes letztem Brief sowie zu weiteren Erläuterungen geschickt.
Nach den Erfahrungen mit Herrn Wuttke und der chaotischen Kommunikation mit und offenbar auch innerhalb Ihres Verlags wäre ich Ihnen, Herr Hopf, allerdings sehr dankbar, wenn Sie in Zukunft nicht mehr vermittelt über Dritte, sondern nur noch direkt mit mir korrespondieren.
Es ist wirklich mühsam, aber mir scheint, ich muss erneut ein paar Dinge richtigstellen, bevor ich am Ende einen neuen Vorschlag machen kann. Ich wähle dazu wieder die von Ihnen präferierte Form der Aufzählung:
1. Zu Ihrer letzten Mail, Herr Wuttke: Offenbar ist Ihnen entgangen, dass ich mich nicht einer „Mitarbeit" an Ihrem Band verweigert habe, sondern im Gegenteil mehrfach dazu bereit erklärte, mich von Ihnen als „Feind'“ „der" „Freiheit" in Ihren Band einsortieren zu lassen, wenn auch nicht in der von Ihnen gewünschten Form, sondern einer Include me out-Kritik an der Konzeption Ihres Bandes. Nur zur Erinnerung: Diese Mitarbeit ist allein an Ihnen bzw. dem LIT-Verlag gescheitert, da Sie die von Ihnen immer wieder neu gestellten Bedingungen immer wieder zurückgenommen haben, bis am Ende nur noch ein absurder Vorschlag übrigblieb, bei dem meine Kritik an Ihrem Band nicht mehr verständlich wurde. Meine Überlegungen zu einem alternativen Veröffentlichungsort entstanden erst in der Folge Ihrer Verweigerung.
2. Sie, Herr Wuttke, schreiben mir nun, Sie stimmen einer Veröffentlichung unseres Briefwechsels nur zu, wenn die Korrespondenz mit Herrn Hopf herausgenommen wird und berufen sich dabei auf unsere Verabredung aus der Anfangszeit unseres Briefwechsels, bei der ich Ihnen ungesehen das letzte Wort zugestanden hatte. Diese Verabredung bezog sich aber auf die Buchveröffentlichung. Als Grund für die Kürzung hatten Sie damals angebliche Platzprobleme angeführt. Den Grund fand ich schon damals nicht überzeugend, aber ich hatte mich trotzdem darauf eingelassen, um endlich zu einem Abschluss zu kommen. Es waren jedoch Sie, bzw. Sie beide, die nicht auf diesen Vorschlag eingegangen sind. Nun ist der Grund obsolet, denn Ihr Buch ist bereits erschienen und Platzprobleme haben wir bei einer Online-Veröffentlichung nicht.
3. Sie, Herr Wuttke, führen an, wir bräuchten unseren Briefwechsel nicht mit dem von Herrn Hopf zu „verwursten“. Ich begrüße es, dass Sie sich für eine Differenzierung aussprechen, da ja das Problem Ihres Bands darin besteht, dass Sie lauter Dinge verwursten, die unterschieden gehören. Hier treffen Sie aber eine Unterscheidung an der falschen Stelle. Für mich als angefragter Autor schreiben mich zwei Vertreter EINES Verlags zu EINER Sache an. Damit gehören beide Briefwechsel für Ihren potentiellen Autor zusammen.
4. Sie sabotieren beide von Anfang an eine Veröffentlichung des Briefwechsels, indem Sie ihn bis zur Unkenntlichkeit an immer neue Bedingungen von Kürzungen knüpfen und ihn gleichzeitig bis zur Unleserlichkeit ausweiten, indem Sie nicht aufhören, mir Ihre x-te letzte "Stellungnahme“, "abschließende Anmerkung“ o.ä. zu schicken und mich zu weiteren „Stellungnahmen" und „Erläuterungen" aufzufordern. Und dann kündigen Sie, Herr Hopf, in der Einleitung Ihres Buchs nach einem Hinweis auf die Texte in der ZfM-Blogdebatte "Free speech und rechter Populismus“ (und explizit auch auf meinen Text) die Wiedergabe eines "umfangreichen Briefwechsels“ mit Kritikern Ihres Bandes an, „sofern die Zustimmung erteilt wird“. Indem Sie suggerieren, dass es nicht an Ihnen liegt, wenn es am Ende nicht zu einer Veröffentlichung kommt, stellen Sie die Situation öffentlich falsch dar.
5. Mit Ihren letzten abschließenden Stellungnahmen sind wir nun wieder am Anfang des Briefwechsels angekommen: Sie beide halten an Ihrem asymmetrischen Lagerdenken fest und Sie, Herr Wuttke, bekräftigen noch einmal, dass Sie es tatsächlich auf eine Beleidigung angelegt haben. Ebenso wie Sie, Herr Hopf, die Beleidigung eines Teils Ihrer Autor*innen durch die Buchgestaltung noch einmal auf die Spitze treiben. Es ist natürlich Ihre Sache, darin die Aufgabe eines Verlegers zu sehen.
6. Indem Sie alle Leute, die nicht Ihrer Meinung sind, in Kollektivhaft nehmen und Ihnen gleiche Intentionen und Positionen zuschreiben, scheint Ihnen zu entgehen, dass sich wohl die meisten der durch Ihr Buch in „Freunde“ und „Feinde“ der „Freiheit“ Sortierten je nach spezifischer Situation und je nach Argument und Vorgehensweise mal auf der einen und mal auf der anderen Seite der von Ihnen gezogenen Feindeslinie wiederfinden.
7. Wenn Sie meinen Beitrag "Maskierung als Methode", den Sie in Ihrem Band abdrucken wollten, einmal ohne Freund-Feind-Brille lesen, werden Sie vielleicht erkennen, dass der Text nicht grundsätzlich und universell argumentiert, sondern nach einer längeren verwunderten Beobachtung einen ganz konkreten Fall in seinem konkreten Verlauf beschreibt und kritisiert: Zum einen die Rahmung der Siegener Veranstaltung, durch die u.a. Egon Flaig, Thilo Sarrazin und Marc Jongen als meinungsunterdrückte Personen erscheinen und damit das Opfernarrativ „dezidiert konservativer oder rechter Denker“ mit der begleitenden Behauptung einer linken Meinungsdiktatur bedient; zum anderen das Pochen auf den "Gerichtshof der Vernunft“, der sich zumindest in den Fällen, denen ich beigewohnt habe, als Farce entpuppte; desweiteren die Medienberichterstattung, die vor allem durch die irreführende Rahmung eine Eigendynamik entwickelt hat, die den Geschehnissen in Siegen nicht gerecht wird.
8. Dennoch werde ich von Ihnen unabhängig von diesem konkreten Fall immer wieder als jemand angesprochen, der stellvertretend eine als einheitlich und kontextunabhängig imaginierte Position der „Feinde der Freiheit“ erläutern soll – eine Position, von der Sie vermuten, es handele sich um eine „Gegenthese“ zu der von Ihnen als eindeutig identifizierten „Rechtslage“. So fordern Sie mich immer wieder auf, Positionen zu erläutern und zu verteidigen, die ich gar nicht eingenommen habe (wie etwa eine universalgültige Evaluation von geplanten Universitätsveranstaltungen) und Sie verteidigen Positionen, die ich nicht kritisiert habe (wie etwa „die Rechtslage“).
9. Und auch an Ihrem konkreten Band kritisierte ich Ihr ganz konkretes Vorgehen. Sie, Herr Hopf, sprechen immer wieder davon, dass Sie darum gebeten haben, Chomsky und Popper zu kritisieren und Ihnen niemand darauf antwortet. Das liegt daran, dass es in dieser konkreten Kritik nicht um Chomsky oder Popper geht, sondern um Sie. Wenn ich kritisiere, dass Sie mit der Wahl Ihres auf Popper anspielenden Buchtitels einer wissenschaftlichen Diskussion unwürdige Feindbilder konstruieren und zusätzlich durch das Chomsky-Zitat auf dem Cover eine Gleichsetzung Ihrer Feinde mit Goebbels und Stalin suggerieren, dann geht es um die Pauschalisierungen und Beleidigungen, die Sie in diesem konkreten Fall durch diese Zitationen vornehmen. Dann geht es darum, dass Sie es sind, der damit Öl ins Feuer gießt, statt die Wogen zu glätten. Chomsky, Popper und auch „die Rechtslage“ haben damit nichts zu tun.
10. Das einzige, was mir an Ihrer Darstellung der Siegener Geschehnisse in Ihrer Einleitung gut gefällt, Herr Hopf, ist Ihr Satz: ‚Eigentlich müssten alle zufrieden sein…“. Denn eigentlich stimmt das auf gewisse Weise. Aber dann hätte die öffentliche Skandalisierung ein Ende genommen, und das scheint nicht möglich zu sein. Auch die Differenzen zwischen Ihnen und mir hängen damit zusammen, dass aus dem Verhalten der Schönecker-Kritiker*innen ein Skandal gemacht werden soll, der aber gar nicht stattgefunden hat. Dieter Schönecker hat seine Kritiker*innen wiederholt zu "Feinden der Freiheit" stilisiert, obwohl diese seine Veranstaltung für ihn durchführbar gemacht haben (die Universitätsleitung) oder mit ihm diskutierend bestritten haben, während er selbst zur Diskussion nichts beitrug. Eigentlich müssten alle in Siegen zufrieden sein… Das ist auch der Grund, warum die Überschrift der ‚Feinde der Freiheit‘ für Siegen untauglich ist, und ich nicht unter dieser Überschrift und auch nicht über Ihrer Unterschrift firmieren möchte, und Sie den „Fall Siegen“ aus Ihrer geplanten Neuauflage herausnehmen sollten, falls Sie an dem Titel festhalten.
11. Für mich bestätigt der Verlauf unseres Briefwechsels meinen anfänglichen Eindruck einer bewussten oder unbewussten großen Vermischung, Verwechslung und Verkehrung von Positionen, die unter dem Label Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit auch in anderen Kontexten zu Serien oder Paketen geordnet werden. Zusammen mit der Strategie, Vorwürfe zu erheben, die einen nicht betreffen und auf Gegeneinwände nicht einzugehen, scheint mir dies tatsächlich exemplarisch zu sein für das, was auf der ZfM-Seite unter dem Label "Free speech und rechter Populismus“ verhandelt werden soll, wenn auch jede Typisierung natürlich ihre Tücken hat.
12. Aber an das Label hatte ich bei der Idee zur dortigen Veröffentlichung unseres Briefwechsels eigentlich gar nicht gedacht, ich hatte mir den Briefwechsel eher als eine Art Fußnote zu dem von Ihnen angefragten Text „Maskierung als Methode“ vorgestellt, der, wie Sie ja wissen, ebenfalls in dem ZfM-Debattenteil erschienen ist. Aber dass Sie sich über diese Rahmung beklagen, kann ich nachvollziehen.
13. Daher, um nun endlich zu einem Abschluss zu kommen, folgender Vorschlag: Wir nehmen den mir vor ein paar Tagen von Herrn Wuttkes Nachfolger übermittelten Vorschlag auf, und Sie stellen den bisherigen Briefwechsel zwischen uns dreien (siehe Anhang) komplett auf die Homepage Ihres Verlags. Jeder von uns bekommt die Möglichkeit, in einem Abstract mit gleicher Zeichenzahl (Vorschlag: 2500) seine eigene Interpretation des Mailwechsels darzulegen. Diese Abstracts stellen wir dem Briefwechsel voran, sodass jeder von uns gleichzeitig das erste und das letzte Wort hat. Falls Sie, Herr Wuttke, nicht mehr in einen Zusammenhang mit Herrn Hopf gebracht werden möchten, können wir Ihren Namen einfach anonymisieren. Da ich jedoch nach den bisherigen Erfahrungen Ihrer beider Wort nicht traue, veröffentlichen wir den Briefwechsel gleichzeitig auch in besagter ZfM-Reihe und verlinken die beiden Orte gegenseitig. So hat jeder von uns die von ihm als adäquat empfundene Rahmung des Briefwechsels und auch in unserem Falle können alle zufrieden sein.
14. Alles andere überlassen wir interessierten Philolog*innen mit viel Zeit und guten Nerven.
15. Titelvorschläge:
- Aw: Mitarbeit "Die Freiheit der Wissenschaft und ihre Feinde“
- Veröffentlichen und veröffentlichen lassen
- Siegen und Siegen lassen
Was halten Sie davon?
Falls Sie mit meinem Vorschlag nicht einverstanden sind, schicken Sie mir bitte einen vernünftigen Gegenvorschlag.
Andernfalls gehen Sie mir bitte aus der Sonne!
Mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Hopfbüro | LIT Verlag Münster
Gesendet: Montag, 20. Mai 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: Aw: Zustimmung zur Veröffentlichung unseres Briefwechsels
Sehr geehrter Herr Professor Voss,
Herr Hopf bittet dafür um Verständnis, dass er durch die Arbeit im Verlag und seinen kleinen Sohn im Moment sehr beschäftigt ist und er Ihnen nicht persönlich antworten kann.
Er lässt Ihnen ausrichten, dass er mit Ihrem Vorschlag einverstanden ist (in diesem Fall wäre sein Abschlussstatement sein Abstract). Jedoch knüpft er seine Zustimmung an die Zustimmung von Herrn Wuttke.
Mit freundlichem Gruß
i.A. XXXXX
Von: Christian Wuttke
Gesendet: Montag, 20. Mai 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster; Voss, Ehler
Betreff: AW: Zustimmung zur Veröffentlichung unseres Briefwechsels
Sehr geehrter Herr Dr Voss,
entschuldigen Sie die späte Antwort, aber Sie werfen so viele Dinge durcheinander, dass es einiger Einordnung bedarf - dafür war mir mein Wochenende allerdings zu schade. Sie werden das verstehen. Ich folge zur Einordnung ebenfalls der von Ihnen gewählten Form der Aufzählung. Dass dies allerdings meine „präferierte Form“ der Argumentation ist, stimmt nicht und ist Teil Ihrer Inszenierung, die ich im Folgenden ebenfalls gerne darlege:
1. Da die Information offensichtlich immer noch nicht zu Ihnen durchgedrungen ist, wiederhole ich mich gerne ein drittes Mal: Ich arbeite nicht mehr im LIT Verlag und auch Ihre Korrespondenz mit Herrn Hopf war mir bis letzte Woche unbekannt. Nun, da Sie mir Ihre Korrespondenz mit Herrn Hopf aber zugänglich gemacht haben, muss ich Ihnen allerdings Recht geben: dass der Briefwechsel seinen Weg nicht in den Band gefunden hat, liegt nicht an Ihnen. Allerdings auch nicht an mir, auch wenn Sie gemäß Ihrer leicht durchschaubaren Strategie immer wieder versuchen, mich und Herrn Hopf als eine Person zu verstehen. Ich habe lediglich auf unserer Absprache bestanden, dass ich das letzte Wort erhalte und unsere Korrespondenz getrennt von der Herrn Hopfs veröffentlicht wird. Wer sich an diese Absprache offensichtlich nicht gebunden fühlt, sind Sie, lieber Herr Voss. Ich bitte Sie also, Ihre Falschbehauptung, ich würde „immer wieder neu gestellten Bedingungen immer wieder“ zurücknehmen, zu unterlassen. Dass Herr Hopf Ihnen immer neue Bedingungen stellt und zurückzieht, liegt außerhalb meines Einflussbereichs und sollte daher zwischen Ihnen beiden geklärt werden – ein weiterer Grund, die Korrespondenzen zu trennen. Auch dass Ihre „Überlegungen zu einem alternativen Veröffentlichungsort“ erst in der Folge irgendeiner „Weigerung“ entstanden sind, kann nicht stimmen. Ich bin Ihnen bis zu Ihrem Vorschlag eines alternativen Veröffentlichungsortes sogar so weit entgegengekommen, dass Sie den Text, den wir ursprünglich abdrucken wollten, noch um Ihre Bedenken erweitern konnten. Von einer „Weigerung“ meinerseits kann also keine Rede sein.
2. Sie schreiben: „Platzprobleme haben wir bei einer Online-Veröffentlichung nicht.“ Dass ein mögliches Platzproblem keine Frage des Mediums sondern des Leseflusses und der logischen Stringenz darstellt, dürfte ich Ihnen eigentlich nicht erklären müssen. Auch ein Buch kann um 30 Seiten erweitert werden, sinnvoll macht es das Unterfangen aber noch lange nicht. Das Gleiche gilt für eine Online-Veröffentlichung. Aber Sie haben schon Recht, ich habe außer des Platzproblems noch andere Bedenken bezüglich einer gemeinsamen Veröffentlichung unserer dreier Korrespondenzen: Sie versuchen, wie bereits oben angemerkt, ständig, mich und Herrn Hopf als eine Person zu verstehen. Herrn Hopfs Argumente schieben Sie munter mir unter, um Sie dann zu entkräften und auf meine Argumente nicht eingehen zu müssen. Ich nenne dieses Vorgehen Schattenboxen, Sie werden Ihre Gründe dafür haben. Dass ich diese Inszenierung allerdings ablehne, sollte verständlich sein.
3. Und zum vierten Mal: Wenn Sie mit mir korrespondieren, dann korrespondieren Sie nicht mit dem LIT Verlag. Aber mal angenommen, Ihrer Argumentation wohnte eine gewisse Logik inne: Müsste ich dann nicht darauf bestehen, dass auch meine Korrespondenz mit Herrn Schüttpelz, Herrn Beverungen, Herrn Burckhardt, Frau Seitz, Herrn Jongen, Herrn Sarrazin und weiteren ebenfalls aufgenommen wird? Schließlich habe ich sie alle als Akteure „EINES“ Vorgangs zu „EINER“ Sache angeschrieben.
4. Ich sabotiere gar nichts, es sei denn, Sie verstehen das Pochen auf getroffenen Absprachen als Sabotage. Nochmal: Nur weil Sie nicht in der Lage sind, Herrn Hopfs und meine Korrespondenz mit Ihnen logisch voneinander zu trennen, heißt das nicht, dass wir mit einer Stimme sprechen – auch wenn ich einige von Herrn Hopfs Argumenten für stichhaltig halte. Ich habe Ihnen weder „x-te letzte Stellungnahmen“, „abschließende Anmerkungen o.ä.“ noch sonst irgendetwas außerhalb unserer Absprache zukommen lassen. Auch „immer neue Bedingungen von Kürzungen“ gab es von meiner Seite nicht. Ich habe, wie gesagt, nur auf unserer Absprache bestanden. Dass Sie nicht müde werden das Gegenteil zu behaupten, veranschaulicht allerdings wunderbar das bereits erwähnte Schattenboxen – von Herrn Hopf gestellte Bedingungen schieben Sie kurzerhand mir unter. Ob Herr Hopf „die Situation öffentlich falsch“ darstellt, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich bin kurz vor der endgültigen Fertigstellung des Bandes aus dem Verlag ausgeschieden und habe das fertige Buch bis heute nicht zu Gesicht bekommen. Deshalb kann ich auch zum endgültigen Vorwort, für das im Übrigen Herr Hopf alleine verantwortlich ist, nichts weiter sagen.
5. Ich halte in der Frage der Freiheit an meinem „Lagerdenken“ fest, ja. Entweder Sie sind für die Freiheit des Wortes oder dagegen, dies ist eine der wenigen Fragen, in denen es keine Graustufen geben kann. Meinungs- oder Wissenschaftsfreiheit, die an Bedingungen wie Medienpräsenz oder soziale Stellung (wie Sie in Ihrem Aufsatz „Maskierung als Methode“ ja vorschlagen) gebunden ist, ist keine Freiheit mehr. Wenn ich Sie als Vertreter dieser Position also als „Feind der Freiheit“ bezeichne, spreche ich eine Tatsache aus und keine Beleidigung. Ihre Argumentation erinnert mich an die Demonstranten in Chemnitz, die mit Rechtsradikalen marschieren und Parolen wie „frei, sozial und national“ damit stillschweigend dulden, im Nachgang eine Einordnung als rechtsextrem aber empört von sich weisen. Sehen Sie, ebenso wie diese Demonstranten ihr Verständnis von Demokratie, dürfen Sie natürlich Ihr Konzept von Meinungsfreiheit darlegen. Dann verwechseln Sie die sich daraus ergebende Konsequenz, dass Sie als ein Feind (nennen Sie es Gegner, wenn Ihnen das besser passt) der grundgesetzlich verbrieften Meinungsfreiheit bezeichnet werden, aber bitte auch nicht mit einer Beleidigung. Ich lasse mich von Ihnen ja auch unter „Rechtspopulismus“ und „weltweitem Rechtsruck“ subsumieren, auch wenn dies durch keine meiner Aussagen belegt werden kann. Sie hingegen haben sich klar geäußert.
Dass Herr Hopf seine "Autor*innen“ (fällt Ihnen eigentlich auf, dass Sie Ihr gendern nur sehr lückenhaft durchhalten? „Freund*in-Feind*in-Schema“ suche ich in Ihrem Text zumindest vergeblich, aber das nur ganz am Rande) „beleidigt“, sehe ich ebenfalls nicht. Auf dem Cover des Bandes wird Noam Chomsky zitiert, der meine oben angeführte Erläuterung prägnanter auf den Punkt bringt: Entweder Sie sind für Meinungsfreiheit aller Meinungen, einschließlich derer, die Ihnen nicht passen, oder Sie folgen demselben Verständnis von Meinungsfreiheit wie Goebbels und Stalin. Wer sich davon angesprochen fühlt, fühlt sich ertappt, wird aber nicht beleidigt.
6. Ich nehme niemanden in Kollektivhaft und weiß auch nicht, was Sie mit diesem Punkt sagen wollen. Ich habe niemandem irgendeine „Intention und Position“ zugeschrieben, sondern bin lediglich auf Ihre Argumente eingegangen.
7. Ich habe Ihren Beitrag „Maskierung als Methode“ mehrfach gelesen, keine Sorge. Sie haben natürlich Recht, dass Sie all Ihre Argumente auf den konkreten Siegener Fall beziehen, trotzdem argumentieren Sie auch „grundsätzlich und universell“, wenn Sie z.B. das Rederecht Jongens und Sarrazins in Frage stellen oder sich fragen, „warum unter diesen Umständen die Veranstaltung trotzdem durchgeführt wird“. Mit Umständen meinen Sie die „Einseitigkeit“ des Seminars, die durch die größere Anzahl „rechter“ gegenüber „linker“ Denker entstanden ist. Dieses Argument lässt sich ganz grundsätzlich auf jede Veranstaltung anwenden und ist daher natürlich „grundsätzlich und universell“, auch wenn Sie dies abstreiten mögen. Nach dieser zutiefst freiheitsfeindlichen Logik müsste man einen großen Teil geisteswissenschaftlicher Seminare zu Themen wie „Geschlecht“, „Kolonialismus“ und „Migration“ an deutschen Universitäten in Frage stellen. Mir ist zumindest in keinem Seminar zu einem der genannten Themen auch nur ein Text, geschweige denn Redner, untergekommen, der sich kritisch mit den in den Geisteswissenschaften gängigen Positionen (Gender Mainstreaming ist unabdingbar, einige afrikanische Länder leiden bis heute unter kolonialen Erfahrungen, die grundsätzlich negativer Natur sind, Migration ist eine Bereicherung für jede Gesellschaft) auseinandergesetzt hätte – im Gegenteil. Trotzdem haben diese Seminare natürlich ihre Daseinsberechtigung. Wie sollte universitärer Betrieb auch anders möglich sein? Die von Herrn Hopf – ironischerweise – vorgeschlagene Prüfstelle, die Seminare, Vorlesungen etc. im Vorfeld auf ihre Ausgewogenheit abklopft, käme schließlich totalitären Systemen gleich und stünde im Gegensatz zur Tradition der freien Institution Universität.
8. Auch hier führen Sie den Leser wieder hinter die Fichte: Sie wurden angefragt, konkret zu den Siegener Vorkommnissen Stellung zu nehmen, niemals um „eine als einheitlich und kontextunabhängig imaginierte Position der ‚Feinde der Freiheit‘“ zu erläutern. Zumindest habe ich Sie nie darum gebeten.
Dass Sie die Rechtslage angeblich nicht kritisieren, ist vor dem Hintergrund Ihres Verständnisses von Meinungsfreiheit einigermaßen absurd: Sie stellen Jongens und Sarrazins Rederecht in Frage, weil diese sich schließlich schon andernorts äußern konnten. Wo genau findet sich diese Einschränkung in irgendeinem Gerichtsurteil oder Artikel des Grundgesetzes?
9. Hier sprechen Sie ausnahmsweise Herrn Hopf direkt an, ohne ihn mit mir zu verwechseln, deshalb nur so viel: Es gehört einiges an Chuzpe dazu, jemanden erst in die Nähe des Christchurch-Attentäters (Ihre Mail vom 29.3.) zu rücken, um ihm dann „Pauschalisierungen und Beleidigungen“ vorzuwerfen. Großes Kino, Herr Voss.
10. Auch hier schaffen Sie die Differenzierung zwischen mir und Herrn Hopf, vielen Dank. Da Sie die beiden Korrespondenzen aber ja nun miteinander verwursten wollen und davon wohl auch nicht mehr abzubringen sind, erlauben Sie mir auch hierzu eine kurze Bemerkung: Sie führen den einigermaßen reibungslosen Ablauf des in Frage stehenden Seminars als Argument dafür ins Feld, dass sich eigentlich niemand beschweren dürfte. Nun, wir haben in der BRD auch noch keinen rechtsradikalen Putsch erlebt. Ist es deswegen etwa nicht gestattet über Reichsbürger und rechtsradikale Netzwerke innerhalb der Bundeswehr zu berichten? Im Vorfeld von Schöneckers Seminar haben mehrere Akteure entweder versucht es zu verhindern oder haben Jongen und Sarrazin das Rederecht abgesprochen, bzw. wollten ihnen zu gewissen Themen ein Redeverbot auferlegen. Dass diese Versuche, auch dank der Universitätsleitung, nicht von Erfolg gekrönt waren, ist zwar zu begrüßen, macht sie aber nicht ungeschehen. Es werden im Band Fälle von tatsächlicher Beschränkung der Wissenschaftsfreiheit, ebenso wie der Versuch ihrer Einschränkung, dargestellt. Siegen taugt natürlich nicht als Beispiel für vollzogene Einschränkung von Wissenschaftsfreiheit, illustriert aber trotzdem die Gefahr, die der Wissenschaftsfreiheit an deutschen Universitäten von innen her droht. Deshalb wurde Siegen seinerzeit im Band aufgegriffen. Dass das Ausmaß der Einschränkung in Trier oder Bremen, wo Professoren und Dozenten tatsächlich in ihrem Rederecht beschnitten wurden, ein anderes ist, steht außer Frage. Dies ändert aber nichts an der Brisanz des Falles Schönecker.
11. Ja, Herr Voss, „jede Typisierung“ hat „natürlich ihre Tücken“. Wenn Herr Hopf und ich einen Band mit dem Titel „Die Freiheit der Wissenschaft und ihre ‚Feinde‘“ produzieren, dann sind wir „unwissenschaftlich“, „beleidigen unsere Autoren“ und sind „Teil eines weltweiten Rechtsrucks“. Bei Ihnen gelten selbstverständlich andere Maßstäbe, Ihnen kann ein kleiner Fauxpas wie die Einordnung unserer Personen in die Kategorie „Rechtspopulismus“ natürlich schon einmal passieren und verziehen werden. Dies sei hiermit geschehen. Zu Ihrem Vorwurf der „Vermischung“ und „Verkehrung von Positionen“ habe ich oben alles gesagt.
12. Wie schon gesagt: ich beklage mich nicht über die Rahmung. Der einzige, der Probleme mit „Rahmungen“, „impliziten und expliziten Einordnungen“ etc. hat, sind Sie. Bitte, ordnen Sie mich ein, wo immer Sie mögen.
13. Folgender Gegenvorschlag: wir überlassen, wie dereinst verabredet und von Ihnen auch mit keinem stichhaltigen Argument in Frage gestellt, mir das letzte Wort in Form dieser E-Mail und veröffentlichen den Schriftwechsel an von Ihnen vorgeschlagenem Ort. Die Datei hänge ich an diese Mail an.
Es ist sehr aufmerksam von Ihnen, dass Sie nach nunmehr unzähligen E-Mails, in denen Sie das Gegenteil getan haben, so sehr auf eine Trennung von Herrn Hopf und mir bedacht sind. Ich habe mich allerdings damit abgefunden, dass Sie von Ihrer Position nicht abzubringen sind und von Verabredungen nicht sonderlich viel halten – mir soll es also recht sein, dass alle drei Korrespondenzen gemeinsam veröffentlicht werden und ich mit Klarnamen erscheine. Den geforderten Aufsatz kann ich Ihnen heute noch nicht liefern, dafür müssten Sie sich bis Ende der Woche gedulden. Wie wäre es außerdem, wenn unsere drei Abstracts stellvertretend in die zweite Auflage des Bandes aufgenommen würden? Sie haben sich schließlich daran gestört, dass es nicht zu einem Druck des Briefwechsels kam. Herrn Hopfs Einverständnis natürlich vorausgesetzt.
14. Einverstanden.
15. Der Titel liegt mir nicht so sehr am Herzen wie Ihnen, Herr Voss. Suchen Sie sich also bitte aus den von Ihnen gemachten Vorschlägen einen aus, für mich passen sie alle.
Ihnen weiterhin gerne in der Sonne stehend und mit unverändert freundlichen Grüßen,
Ihr
Christian Wuttke
Von: Voss, Ehler
Gesendet: Dienstag, 28. Mai 2019
An: Christian Wuttke
Cc: Hopf | LIT Verlag Münster
Betreff: Re: Zustimmung zur Veröffentlichung unseres Briefwechsels
Sehr geehrter Herr Wuttke,
okay, dann hänge ich Ihre letzte letzte Stellungnahme auch noch hinten dran. Sie hatten für Ende der vergangenen Woche die Zusendung eines Abstracts angekündigt. Bisher haben Sie noch nichts geschickt. Kommt da jetzt noch was?
Mit freundlichen Grüßen
Ehler Voss
Von: Christian Wuttke
Gesendet: Dienstag, 28. Mai 2019
An: Hopf | LIT Verlag Münster; Voss, Ehler
Betreff: AW: Zustimmung zur Veröffentlichung unseres Briefwechsels
Sehr geehrter Herr Voss,
nach dem ganzen Hin und Her werden Sie verstehen dass ich dazu erst einmal auf Ihr Einverständnis warten musste. Sie bekommen das Abstract am Freitag.
Mit freundlichen Grüßen,
Christian Wuttke
Von: Christian Wuttke
Gesendet: Mittwoch, 05. Juni 2019
An: Voss, Ehler
Betreff: AW: Zustimmung zur Veröffentlichung unseres Briefwechsels
Lieber Herr Dr Voss,
anbei das erbetene Abstract. Entschuldigen Sie bitte die leichte Verzögerung.
Mit den besten Grüßen,
Christian Wuttke
Bevorzugte Zitationsweise
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