Direkt zum Inhalt
Onlinetext

Das Forum Digitalisierung und digitale Kulturen

Ein Bericht zum Workshop vom 6./7. April 2018 in Leipzig

18.5.2018

Vom 6.-7. April 2018 hat sich das Forum Digitalisierung und digitale Kulturen an der Universität Leipzig zu einem Workshop getroffen. Den Auftakt des Workshops bildete ein Impulsvortrag von Gloria Meynen zu den methodischen Herausforderungen digitaler Medienforschung, in dessen Diskussion wichtige Desiderate der digitalen Medienforschung ebenso benannt wurden wie sich Anknüpfungspunkte für den weiteren Verlauf des Workshops zeigten. Im Anschluss an die Auftaktdiskussion bildeten die Teilnehmer_innen  drei Arbeitsgruppen, deren Arbeitsergebnisse untenstehend von den jeweiligen Gruppen zusammengefasst wurden.

Im Fokus der Arbeitsgruppen standen: 

1. Strategien und neue Allianzen

2. Methoden digitaler Medienforschung

3. Neue Themen, Ansätze, Theorien und Angebote

Im Sinne einer strategischen Neuausrichtung und einer erhöhten öffentlichen Sichtbarkeit der deutschen Medienwissenschaft in Bezug auf Fragen der Digitalisierung(sforschung) empfiehlt die Arbeitsgruppe zu Strategien und neuen Allianzen folgende Maßnahmen:

  1. Es sollte für eine bessere Sichtbarkeit von Forscher_innen gesorgt werden, die sich aus medienwissenschaftlicher Perspektive mit Fragen der Digitalisierung auseinandersetzen. Dazu schlagen wir vor, eine online zugängliche Datenbank als neuen Teil der GfM-Homepage ins Leben zu rufen, in der Wissenschaftler_innen, die sich für externe Anfragen (Presse, etc.) zur Verfügung stellen möchten,  ein Profil anlegen und über tags/keywords zu ihrer Expertise Auskunft geben können. Vorbilder für ein entsprechendes System wären etwa www.ring-a-scientist.org oder www.speakerinnen.org. Die Datenbank würde es Journalist_innen ermöglichen, über die tag cloud oder eine Ähnlichkeitssuche der Keywords gezielt Expert_innen zum jeweils gefragten Thema zu finden und zu kontaktieren.
  2. Es wäre wünschenswert, für eine zentralisierte Kommunikation von projektgebundenen Fördermöglichkeiten und Ausschreibungen von Stiftungen oder anderen außeruniversitären Institutionen zu sorgen, die speziell für Medienwissenschaftler_innen von Interesse sind. (Hier handelt es sich bspw. um Ausschreibungen der Volkswagen-Stiftung zu Fördermöglichkeiten für Summerschools, die für Medienwissenschaftler_innen relevevant sein könnten.) Der Bedarf für ein solches Angebot liegt vor allem bei Nachwuchswissenschaftler_innen, die keine Anbindung an medienwissenschaftliche Institute haben oder deren Universitäten keinen Forschungsservice anbieten. Hier wäre die Aufnahme von relevanten Informationen in den GfM-Newsletter oder unter Umständen die Einrichtung eines zweiten Newsletters seitens der Fachgesellschaft und/oder einer regelmäßig gepflegten Datenbank vorstellbar.
  3. Für die Kommunikation der Mitglieder des Forum Digitalisierung untereinander schlagen wir vor, zusätzlich zur bestehenden Mailingliste, die hauptsächlich für Veranstaltungsankündigungen, aber nicht für bspw. fachliche Diskussionen genutzt wird, die plattformunabhängige Software Keybase zu nutzen (https://keybase.io/). Keybase lässt es zu, an alle Gruppenmitglieder gleichzeitig, aber auch an einzelne oder benutzerdefinierte Gruppen zu schreiben, sowie Dokumente hochzuladen, etc. und ist dabei Ende-zu-Ende verschlüsselt. Wer mitmachen möchte: Email an simon.hirsbrunner@uni-siegen.de
  4. Wir rufen dazu auf, gezielt Kontakte und Kooperationen/Allianzen jenseits der Fachgesellschaft zu knüpfen, um eine engere Verzahnung der Medienwissenschaft mit anderen Akteur_innen (Museen, Künstler_innen, politische Bildungseinrichtungen, Aktivist_innen etc.) im Feld der Digitalisierung zu fördern. Hier ergeben sich Synergien mit den ersten beiden Punkten, da zum einen für  die Initiierung möglicher Kooperationen die gegenseitige Sichtbarkeit/Auffindbarkeit entscheidend ist und sich zum anderen, abhängig von den Partner_innen, ggf. neue Fördermöglichkeiten erschließen. Mögliche Formate der Kooperation sind/wären bspw. gemeinsam verfasste Kommentare oder Artikel zu aktuellen öffentlichen Debatten in journalistischen Medien, die Ausrichtung von Gesprächsrunden, die Konzeption und Dokumentation von Ausstellungen, etc.

Die Arbeitsgruppe zu Methoden digitaler Medienforschung  kam in ihren Diskussionen zu folgenden Schlussfolgerungen und Empfehlungen, um die fachinterne Verständigung innerhalb der Medienwissenschaft zu fördern sowie die Medienwissenschaft in interdisziplinären Forschungszusammenhängen zu stärken:

  1. In hohem Maße geboten scheint die Erarbeitung eines Überblicks über die Methoden in der Medienwissenschaft. Damit verbunden sind mehrere Fragen, u.a.: In welchem Kontext werden unsere Methoden entwickelt und systematisiert? Was sind fachspezifische Methoden/methodische Arbeitsweisen im Kontext digitaler Medien? Wie erzeugt man Interesse für medientheoretische Themen und Methoden? Welche Praktiken, mit denen wir Medienwissenschaftler_innen arbeiten, könnten schon unter das Label «digital humanities» fallen? Anstatt uns vor allem abgrenzend zu Diskursen um «digital humanities» zu verhalten, sollen Debatten und Methoden in diesem Zusammenhang produktiv für medienwissenschaftliche Fragestellungen gemacht werden. Wie schaffen wir es, Teilabschnitte, Zwischenergebnisse etc. des medienwissenschaftlichen Arbeitens zu definieren? Zum Zweck der Erarbeitung dieses Überblicks schlagen wir einen Aufruf über den GfM-Newsletter vor (zur Einbeziehung der Mitglieder), mit der Bitte bereits veröffentlichte Texte und/oder kurze Skizzen (1-2 Seiten) zu Methoden zur Verfügung zu stellen. Von Interesse ist zudem die Planung eines Buches zum Thema: Kurzfristig wäre hierfür ein Booksprint oder Hackathon zur Methodensammlung möglich. Mittelfristiges Ziel ist das Verfassen von Methoden-Aufsätzen. Fernziel wäre eine Publikation zur «Einführung in die Methoden zur Untersuchung digitaler Medien».
  2. Weiterhin schlagen wir vor, diesen Überblick über die Methoden in der Medienwissenschaft zu nutzen, um eine möglichst klare Beschreibung und damit Operationalisierung dieser Methoden zu erreichen. Die Frage wäre dabei: Wie kommen wir zu einer systematisierten Übersetzung unseres Tuns und unter welche Begriffe bzw. Synonyme können unsere Methoden und unser Vorgehen subsumiert werden? Ziel dieses Vorhabens ist es, die intersubjektive Adressierbarkeit sowohl auf Antragsebene (wo klare Beschreibungen der eigenen Methoden entscheidend für einen erfolgreichen Antrag sind) als auch auf inner-wissenschaftlicher Ebene im Austausch mit anderen Disziplinen zu gewährleisten. Nicht zuletzt kann dieses Vorhaben auch zu einer verbesserten intersubjektiven Adressierbarkeit bei Studierenden beitragen.
  3. Wünschenswert erscheint zudem ein verstärkter Austausch über interdisziplinäre Projekte unter folgenden Fragestellungen: Was sind methodische Herausforderungen aus medienwissenschaftlicher Sicht? Welche medienwissenschaftlichen Fragen sind für interdisziplinäre Projekte interessant? Wie können Zwischenziele formuliert werden? Wie kann Kollaboration/Zusammenarbeit auf einer gemeinsamen Ebene überhaupt aussehen, ohne dass eine der beteiligten Disziplinen rein als ‹Begleitforschung› oder ‹Service-Disziplin› fungiert? Was sind mögliche Funktionen von Medienwissenschaftler_innen in kollaborativen Projekten? Ziel ist es, aus gelungenen oder zumindest teilweise gelingenden Projekten zu lernen und best practices zu entwickeln, wie interdisziplinäre Zusammenarbeit gestaltet werden kann, um sowohl für die Medientheorie als auch die anderen beteiligten Disziplinen von Vorteil zu sein.

Die Arbeitsgruppe zu Themen, Ansätzen, Theorien und Angeboten kam in ihren Diskussionen zu folgenden Vorschlägen zur möglichen Funktion des Forum Digitalisierung und digitale Kulturen für seine Mitglieder:

  1. Neben dem strategischen Ziel, die Sichtbarkeit existierender medienwissenschaftlicher Forschung zu Fragen der Digitalisierung zu erhöhen, und einer dringend notwendigen fachinternen Verständigung über medienwissenschaftliche Methoden der digitalen Medienforschung befasste sich die Gruppe mit der Frage, durch welche neuen Themensetzungen die Medienwissenschaft in den aktuellen Digitalisierungsdiskurs produktiv intervenieren kann. Hierbei wurde spekulativ diskutiert, welche möglichen thematischen Zugänge in der Medienwissenschaft gesetzt werden können, um Gesprächsangebote zu machen. Adressiert werden sollen somit sowohl eine allgemeine Öffentlichkeit als auch spezifischer ein wissenschaftlicher Diskurs, der digitale Kulturen zu beschreiben sucht. Die Überlegung ist hierbei, medienwissenschaftliche Alternativen zu bestehenden Beschreibungen digitaler Kulturen anzubieten. Das gleichermaßen gesellschaftsrelevante wie forschungspolitische Potential medienwissenschaftlicher Fragestellungen und Beschreibungen liegt dabei in ihrer Beobachtungsleistung, mögliche alternative Diagnosen der Gegenwart anzubieten. Die so verstandene Lokalisierung digitaler Kulturen kann konkret sowohl durch die Erprobung neuer Formen von Kritik, als auch durch Historisierung Gestalt annehmen.
  2. Ausgehend von dieser inhaltlichen Debatte beschäftigte sich die Arbeitsgruppe abschließend mit der Frage, wie das Forum Digitalisierung dazu beitragen kann, die vielfältigen Forschungsbemühungen zu «digitalen Themen» in der Medienwissenschaft inhaltlich zu bündeln und miteinander zu vernetzen. Neben der forschungspolitischen Ausrichtung des Forums wäre es wünschenswert, dieses als eine Art ‹Hub› zu etablieren und mit Leben zu füllen, in dem quer zu der Standortlogik von Forschungsinstituten neue Themen gesetzt  sowie gemeinsam Projekte initiiert werden können. Neben dem persönlichen Engagement einzelner Mitglieder der Fachgesellschaft bedürfte es hierbei mittelfristig auch der Schaffung geeigneter institutioneller Rahmenbedingungen. 

Das nächste Treffen des Forum Digitalisierung und digitale Kulturen wird auf der GfM-Jahrestagung im September in Siegen stattfinden. Genauere Angaben zu Zeit und Ort werden rechtzeitig kommuniziert. Alle Mitglieder, aber auch neue Interessierte sind herzlich eingeladen!

Zum Forum sowie Kontaktadressen: https://gfmedienwissenschaft.de/debatte/forum-digitalisierung

Bevorzugte Zitationsweise

Burkhardt, Marcus; Grashöfer, Katja; Shnayien, Mary: Das Forum Digitalisierung und digitale Kulturen. Ein Bericht zum Workshop vom 6./7. April 2018 in Leipzig. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft, ZfM Online, Onlinetext, , https://zfmedienwissenschaft.de/online/das-forum-digitalisierung-und-digitale-kulturen.

Die Open-Access-Veröffentlichung erfolgt unter der Creative Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0 DE.