Die Moral des Mischens
Audiokassetten, private Mitschnitte und ein neuer Wirtschaftszweig für die Verteidigung des geistigen Eigentums
Abstract (Deutsch)
Die Ära der Audiokassette gilt als Voraussetzung für das Aufkommen sozialer Tauschpraktiken, deren Potential in dem sich anschließenden digitalen Zeitalter für eine neue Medienumgebung bestimmend werden sollte. Durch diese Entwicklung wurden Kassetten zum zentralen Element einer anti-deterministischen, historische Gültigkeit beanspruchenden Darstellung der Entstehung digitaler Kultur. Mit der Betrachtung von Kassetten wird offenbar, was eine vernetzte digitale Kultur auszeichnet, ohne sich einer simplen Beziehung von Ursache und Wirkung zwischen Technologie und Praxis zu verschreiben. Wenn die Kultur des Sharing zuerst mit analogen Kassetten entstanden ist, kann es sich dabei per se nicht einfach um ein Produkt der Digitalisierung handeln. Vielleicht war es ja sogar andersrum: Was wir für Beschreibungen digitaler Netzwerke halten, sind in Wirklichkeit historisch bedingte Zuschreibungen. Man könnte fast sagen: Wenn es wahr ist, was die Kassetten uns sagen, dann ist die digitale Kultur in einem wesentlichen Aspekt überhaupt nicht digital.
Abstract (English)
The Moral of Mixing. Audio Cassettes, Private Recordings and a New Economy for Defensing Intellectual Property
Like Larkin, Adrian Johns focuses on the nexus between practices and institutions – specifically the »cassette culture« involving popular exchange of mix-tapes and what he calls the Intellectual Property Defense Industry. The legacy of cassette culture is more mixed than scholars have tended to believe, since it encouraged both everyday creativity and industrial efforts to shut down such agency. The cassette marks a turning point both for user creativity and industrial control because it contributed substantially to a change in the status of homes as sites of production and reproduction. »Home piracy« was a key paradox of its era, something both outlawed and abundant.
Bevorzugte Zitationsweise:
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