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Medien & Privatheit

1.6.2013

Die Wechselwirkungen zwischen (Massen-)Medien und gesellschaftsweit wirksamen Privatheitskonzeptionen stellen ein umfangreiches und vielschichtiges Betätigungsfeld für wissenschaftliche Arbeiten dar. Dabei sorgen medialer und technologischer Wandel für die häufig wiederkehrende Aktualität dieses Problembereichs und intensivierte Zuwendung vonseiten verschiedenster Disziplinen. Am 21. und 22. Februar 2013 fand nun in Passau die Tagung „Medien und Privatheit“ statt, die vom DFG- Graduiertenkolleg 1681 "Privatheit": Formen, Funktionen, Transformationen veranstaltet wurde. Anknüpfend an eine Tagung vom November 2010 wurde, entsprechend der Struktur des gastgebenden Kollegs, die Interdisziplinarität der dargestellten Ansätze betont. Dies hatte zur Folge, dass Vorträge aus verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen gleichberechtigt nebeneinander und frei von thematischen Panels arrangiert wurden.
Im ersten Vortrag veranschaulichte Dietmar Kammerer (Marburg) an journalistischem Material die regelmäßige Wiederkehr privatheitsbezogener Bedenken. Im Zentrum seiner Darlegungen stand der Befund, es hierbei mit rhetorischen Strategien zu tun zu haben, die derart beliebt bei journalistischen Akteuren sind, dass von „vielen ‚Enden‘ des Privaten“ (Kammerer) seit dem Ende des vorvergangenen Jahrhunderts gesprochen werden kann. Dabei wurde die Aktualität der historischen Aussagen augenscheinlich, die bereits vielfach den Zusammenhang von technischer Entwicklung, deren massenmedialer Nutzung und den daraus resultierenden Problemen für den Umgang mit Privatheit zum Thema hatten. Das Problem der Wahrung von Persönlichkeitsrechten Prominenter wurde an der Kontroverse um Bilder von Bismarcks Totenbett expliziert. Als Fazit präsentierte Kammerer die Erkenntnis, dass die Rede vom Ende der Privatheit bereits älter sei als deren rechtlicher Begriff und periodisch wiederkehre. In der anschließenden Diskussion wurde versucht, eine Bewertung dieser Wiederkehr vorzunehmen, die sich schließlich auch als nützliche Korrekturdebatte deuten ließe. Carsten Ochs sprach in diesem Zusammenhang von einem „gesellschaftlichen Seismograph für Veränderung“.

Inwiefern das Private in zeitgenössischen Kunstwerken als spezifische Darstellungsweise zu betrachten ist, zeigte Elena Zanichelli (Nürnberg). Dabei wurden Sichtbarmachungsstrategien anhand von Werken verschiedener Künstlerinnen wie etwa Gitte Villesen oder Tamara Grcic vorgestellt. So lässt sich eine – von Zanichelli als „ethnografischer Blick“ bezeichnete – Verwandtschaft zu sozialanthropologischen Methoden ausmachen, wenn verschiedene Sujets in ihrem jeweiligen Kontext dargestellt werden. Ebenso können Spuren des cinéma vérité ausgemacht werden, welche die Repräsentationen der Privatheit von abgebildeten Personen durchziehen und dazu führen sollen, dass sich der Betrachter unmittelbar adressiert fühlt. Nicht zuletzt an der Fülle des gezeigten Materials wurde dabei die gesellschaftsweite „Konjunktur des Interesses an der Privatheit anderer“ (Zanichelli) deutlich, auch wenn spätestens in der anschließenden Diskussion klargemacht wurde, dass man hierbei – trotz der vermeintlichen Authentizität der Bilder – von spezifischen Inszenierungsstrategien ausgehen muss.

Elena Faletti (Castellanza) referierte über den Zusammenhang zwischen der Gesetzgebung in Europa und Amerika und den vorherrschenden Verhältnissen in der jeweiligen Medienlandschaft. Dabei wurden Beispiele aus der Berichterstattung über sogenannte „celebrities“ mit geltenden rechtlichen Bestimmungen abgeglichen, um die Spannung zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrechten zu illustrieren. Faletti machte deutlich, dass das Internet als eines der größten juristischen Problemfelder in der Fachliteratur bislang zu wenig behandelt werde. Zudem wurde der deutschen Gesetzgebung eine problematische Zirkularität attestiert, da Massenmedien durch ihre Berichterstattung das öffentliche Interesse erst erzeugen, welches dann als rechtliche Grundlage für diese Berichterstattung fungiert.

Daran knüpfte Thomas Schwabenbauer (München) mit einem rechtswissenschaftlichen Vortrag über den Problembereich von Privatheit, Prominenz und Pressefreiheit an. Anhand von Beispielen aus der Bildberichterstattung wurden sowohl die jeweiligen historischen Diskussionen als auch die hieraus resultierenden Veränderungen in der Gesetzgebung vorgestellt. Beginnend mit den Fotos des toten Bismarck bis hin zu den Klagen von Caroline von Monaco wurde ein Panorama individueller Befindlichkeit in Auseinandersetzung mit medialer Berichterstattung und Gesetzgebung eröffnet. Dabei wurden auch philosophische Implikationen offensichtlich, wenn etwa von „absoluten“ oder „relativen Personen der Zeitgeschichte“ gesprochen wird, ohne dass genauer geklärt wäre, was dies überhaupt bezeichnet. Schwabenbauer hob die Relevanz der Gegenbilder und Identitätserwartungen anderer für das Selbstbild eines jeden Menschen hervor und setzte dies in Zusammenhang mit der juristisch attestierten Leitbild- und Kontrastfunktion von Prominenten. Diskutiert wurde anschließend die Bedeutung der Text-Bild-Relation in Boulevardmedien sowie die Berichterstattung über transnationale Berühmtheiten und die dabei herrschende rechtliche Unübersichtlichkeit.

Knut Fournier (Paris Ouest/ Nanterre) behandelte in seinem Vortrag den Umgang von Twitter mit dem „Right to Privacy“ ihrer Nutzer. Dabei wurde die Janusköpfigkeit dieses Mediums zum Thema, da nicht klar ist, ob es sich bei Twittermeldungen um private oder öffentliche Äußerungen handelt. Fournier zeigte an verschiedenen Beispielen, dass die Auslegung dieser Frage durchaus Relevanz für die Behandlung juristischer Streitfälle hat. Twitter kommt dabei eine Sonderrolle zu, da – anders als bei anderen Social-Media-Konzernen – die Nutzerdaten bislang stets geschützt wurden, etwa gegen den Zugriff durch staatliche Behörden. Dies wurde von Fournier als zentraler Baustein der Firmenpolitik verstanden. Allerdings besteht die Frage, ob auf dem Weg zur Maximierung der Nutzerzahlen eine Abkehr von dieser Einstellung zu beobachten sein wird. Dabei vertritt Fournier den Standpunkt, dass Internetkonzernen eine Schlüsselrolle bei der rechtlichen und kulturellen Angleichung des globalen Umgangs mit Privatheit spielen sollten. Dies führte in der Diskussion zu der Frage, inwiefern ein bestehender Ethnozentrismus zu kritisieren sei, der die europäische Sichtweise auf Privatheit als verbindlich für alle Internetnutzer betrachtet. Außerdem wurden Vor- und Nachteile der Beachtung bestehender Gesetzen im jeweiligen Heimatland der Nutzer besprochen.

Einen historischen Abriss des Wandels der ägyptischen Medienlandschaft seit der Entkolonialisierung lieferte Hamza Mohammed (Sharjah). Dabei wurden Massenmedien von den verschiedenen Regimes vorrangig zur Wahrung der eigenen Interessen und zur Kontrolle der Opposition eingesetzt. Der Schwerpunkt seiner Ausführungen lag vornehmlich auf den Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit. So war Staatspräsident Mubarak derjenige, der die Strukturen der Medienlandschaft erstmals maßgeblich öffnete und auch Privatpersonen und Oppositionsparteien den Betrieb von Medienfirmen erlaubte. Ironischerweise war es auch Mubarak, der die Einführung und Verbreitung des Internets in Ägypten umfassend beförderte und somit die Voraussetzungen für das Ende seiner Herrschaft selbst schuf. Seit der Revolution 2011 kann, so Hamza Mohammed, von rasanten Veränderungen der ägyptischen Medienstrukturen gesprochen werden, wobei der amtierende Staatspräsident Mursi kritisiert wurde. Unter seiner Regierung nahmen die Massenmedien wieder die vorrevolutionäre Funktion ein: Die des präsidialen Sprachrohrs. Allerdings, so der positive Ausklang des Referats, können Proteste heute öffentlich formuliert werden, mithilfe der neuen, internetbasierten Medien.

Den Anfang des zweiten, eher auf Internetproblematiken fokussierten Konferenztages machte Martin Hennig (Passau), welcher sich mit privaten Dimensionen von Online-Rollenspielen auseinandersetzte. Im Zentrum der Ausführungen stand die Frage, wie sich der sozial geteilte Raum des Online-Rollenspiels konstituiert und unter welchen Voraussetzungen hierbei von Privatheit gesprochen werden kann. Ausgehend von der vornehmlich räumlich konstituierten Videospiel-Struktur kamen verschiedene lokale Rückzugsmöglichkeiten in den Blick, die den Nutzern bereitgestellt werden. Diese dienen als Heimstätten der Avatare und bieten somit Analysemöglichkeiten für mediensemiotische Betrachtungen von Privatheitsdarstellungen im zeitgenössischen Videospiel. Hennig begreift Online-Rollenspiele dabei als Experimentierfelder, auf denen der Umgang mit Überschneidungen von öffentlichem und privatem Raum spielerisch ausgehandelt wird. Anknüpfend an etablierte Formen verfügt dieser Spieltypus auch über spezifische Merkmale, denen Hennig mit einer analytischen Trennung von narrativen, ludischen und sozialen Aspekten begegnen will.

Den Umgang mit Privatheit in computerbezogenen Diskursen der 1970er und 1980er Jahre schilderte Marcel Berlinghoff (Heidelberg). Dabei sollten Erklärungen für den umfassenden Wandel der gesellschaftlichen Bewertung computergestützter Datenverarbeitung geliefert werden. Dieser Wandel wird deutlich, wenn die 1983 hitzig geführte Kontroverse um den Versuch einer Volkszählung mit der unproblematischen Durchführung eines solchen Zensus‘ im Jahre 1987 verglichen wird. Berlinghoffs Erklärung liegt in der stetig voranschreitenden Gewöhnung an den Umgang mit Computern und der gleichzeitigen Abnahme der zuvor weitverbreiteten Ängste. Mit Parallelen zu heutigen Diskussionen versehen, lieferte er eine Darstellung bundesrepublikanischer Befindlichkeit im genannten Zeitraum und zeigte, wie sich Angst schrittweise in Faszination verwandelte und schließlich Gewöhnung zur Folge hatte. Auswirkungen dieser Entwicklung lassen sich dabei auch heute noch erkennen, etwa was die Verbreiterung des ehemals vorrangig von linksgerichteten Aktivisten geführten Diskurses hin zu einem Mainstream privatheitsbezogener Bedenken angeht. In der Diskussion wurden die Verbindung von Industrie und Politik, die vermeintliche anthropologische Grundkonstante eines Unbehagens vor dem Unvertrauten sowie der Zusammenhang zwischen Akzeptanz und Unwissen thematisiert.

Gernot Howanitz (Passau) fragte in seinem Vortrag, inwiefern eine Kontinuität sowjetischer Privatheitkonzeptionen im Internet erkennbar ist. Dabei bediente er sich der Metapher „Kommunalka 2.0“, um zu beschreiben, was sich auf russischen Blogs abspielt. Die Kommunalka stellte eine sowjetische Form der Wohnraumorganisation dar. Vom Staat wurden Arbeiterfamilien bourgeoise Villen zugewiesen, den Platz mit maximaler Effizienz nutzend, so dass Familien häufig nur ein Zimmer zur Verfügung stand. Dies führte zu einer ganz eigenen Konzeption von Privatheit, da man unfreiwillig Anteil am nachbarschaftlichen Privatleben hatte und diese Einblicke zwangsläufig auch selbst einräumen musste. Im Hinblick auf potentielles Denunziantentum wurde privater Raum damit quasi öffentlich, was zur Flucht in die wenigen geschützten Räume (etwas die berühmten Datschas) sowie zum Ersatz politischer Öffentlichkeit durch individuelle informelle Netzwerke führte. Die Kommunalka-Metapher nutzte Howanitz nun, um das Verhalten russischer Webuser zu erläutern, welches Parallelen zu den sowjetischen Verhältnissen offenbare, allerdings zunehmend auch westliche Privatheitskonzeptionen integriere.

Anschließend stellte Christiane Lewe (Weimar) ihre Arbeit an einer Genealogie sozialer Medien vor. Dabei lieferte sie eine Analyse moderner Individualisierungsstrategien als Symptom einer vorherrschenden Gouvernementalität. Anknüpfungsreich wurde etwa bestritten, dass das Privatheitskonzept juristischen Diskursen entstammt. Vielmehr sei es bereits in älteren Kulturtechniken angelegt gewesen, was sich etwa in der Architektur zeigen lasse. Lewe beschrieb die enge Verwandtschaft von Regierung und Registrierung, die zur Folge hat, dass bürokratische Legitimation stets Einschränkungen von Möglichkeiten der Selbstdarstellung und -konzeption beinhaltet, gleichzeitig aber immer auch die nötige Freiheit sichert, die den Bürger erst zum Subjekt erhebt. Privatheit wird hierbei als Interventionsfeld institutioneller Sicherungsmechanismen verstanden, die letztlich zur Implementierung effizienter Selbstverwaltungstechniken führen. Das mögliche Gesehen- und Registriertwerden ist es, welches in diesem Fall zur Konstitution von Privatheit beiträgt und Kulturtechniken etabliert, die das Subjekt als Autor und Kurator seiner selbst stabilisieren. Lewe schilderte damit den Übergang vom Schonraum eines Rechts auf Privatheit hin zur Bühne permanenter Selbstproduktion und Persönlichkeitsrepräsentation.

Tobias Dienlien (Hamburg) präsentierte ein an der Hamburg Media School erarbeitetes Modell zur Analyse ursächlicher Faktoren privatheitsbezogenen Social-Web-Verhaltens. Im sogenannten Privatsphäre-Prozess-Modell werden konzeptionelle Unterscheidungen von Alan Westin, Irwin Altman und Judee K. Burgoon integriert. Das ambitionierte Ziel dieses Modells ist es, den Privatheitsdiskurs zu konturieren. In der folgenden Diskussion wurde die Verwendung des Privatsphäre-Begriffs sowie die Normativität des Ansatzes kritisiert, der positive Folgen einer Selbstoffenbarung im Internet scheinbar nicht einbezieht. Zudem wurden die mögliche Operationalisierbarkeit des Modells sowie Fragen nach semiotischen Analysemöglichkeiten besprochen.

Einblicke in die türkische Rechtsprechung im Bereich der Telekommunikationsfreiheit bot Baris Atladi (Bayreuth/ Istanbul). Zahlreiche Vergleiche zum Vorgehen in Deutschland einfügend, beschrieb er anhand des Paksüt-Falles von 2009 die in der Türkei geltenden Regeln für Telefonüberwachung. Daraus resultierte eine umfassende Darstellung des rechtlichen Schutzes der Telekommunikationsfreiheit und der jeweils geltenden Ausnahmen. Dabei stand die Frage nach der Verwertbarkeit von Zufallsfunden im Zentrum seiner Ausführungen. Hochproblematisch ist etwa die Frage, wann der Einsatz der technischen Möglichkeiten notwendig erscheint. Zudem wurde ein Vergleich der sogenannten Katalogtaten in Deutschland und der Türkei geliefert, die das Abhören einer Telefonverbindung rechtlich überhaupt erst ermöglichen. Anschließend wurde die Verwandtschaft von türkischem und deutschem Recht und die Auswirkungen neuer Technologien auf die Gesetzgebung diskutiert. So stellt sich die Frage, ob die von Internetkonzernen angehäuften Datenmengen zeitlich weit zurückreichende Analysen von Kommunikationsprotokollen ermöglichen, wodurch die Häufigkeit möglicher Zufallsfunde enorm gesteigert würde.

Ina Knop (Hamburg) legte ihr Augenmerk auf juristische Probleme im Social Web. Dabei wandte sie sich verschiedenen dort beobachtbaren Phänomenen, wie etwa Cybermobbing oder Rufschädigung zu und schilderte Möglichkeiten, dagegen rechtlich vorzugehen. Die Besonderheit des Internet liegt in der unüberschaubaren Zahl an Menschen, die potentiell Zugang zu den dargestellten Informationen haben. Hinzu kommt die potentiell unendliche Verweildauer dieser Informationen auf den Seiten der Social-Web-Anbieter. Daher besteht das Hauptproblem darin, Einträge, die als Eingriff in die Persönlichkeitsrechte gedeutet werden können, zu löschen. Knop zeigte an aktuellen Fällen, wie problematisch der Umgang mit derartigem Webnutzungsverhalten gegenwärtig ist und inwiefern hier Handlungsbedarf für den Gesetzgeber besteht. Abschließend wurde dafür plädiert, die Möglichkeit einer schnellen und unbürokratischen Namensänderung in Deutschland einzuführen. Dies sollte es rufgeschädigten Personen erlauben gleichsam neu anzufangen und den Ballast unlöschbarer Informationen abzuwerfen. Die Diskussion widmete sich diesem Vorschlag eingehender, brachte aber auch Bedenken zur Sprache, ob dies überhaupt zweckdienlich sei.

Im abschließenden Vortrag beschäftigte sich Carsten Ochs (Darmstadt) mit Möglichkeiten einer Kompromissfindung zwischen unvereinbar gegenüberstehenden Theorieangeboten mithilfe der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT). Dabei stellte er zunächst die gegensätzlichen Positionen von Helen Nissenbaum und Alessandro Acquisti vor. Während Nissenbaum von feststehenden Werten in verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten ausgeht, nimmt Acquisti individuelle Kosten-Nutzen-Rechnungen an und leugnet somit die Relevanz kollektiver Normen. Diese Dichotomie zwischen Individuum und Gesellschaft sollte nun mit der ANT umgangen werden. Statt von einer situationsunabhängigen Stabilität des Individuums auszugehen, ermöglicht es die ANT den Einfluss unbelebter Objekte auf den Ablauf sozialer Prozesse zu beschreiben. Somit hat auch das Design von Onlineumgebungen Auswirkungen auf das Nutzungsverhalten, wie Ochs am Beispiel eines Experiments zeigen konnte, bei dem den Kunden eines Onlinekaufhauses der Umgang mit ihren persönlichen Daten mittels einfacher ikonografischer Darstellungen erläutert wurde, was dazu führte, dass die Käufer bereit waren, höhere Preise zu bezahlen, sofern ihre Daten verantwortungsvoll behandelt würden.

Die von Hans Krah moderierte Abschlussdiskussion stellte die zentrale Bedeutung historischer Perspektiven für zeitgenössische Privatheitskonzeptionen heraus, welche die regelmäßige Wiederkehr von Bedenken hinsichtlich des Schutzes individueller Privatheit mit Technikentwicklungen, welche den Zugriff auf persönliche Daten ermöglichen und ausweiten, in Zusammenhang bringt. Zudem könne gegenwärtig eine Tendenz zur Funktionalisierung von Privatem ausgemacht werden, welche Darstellung und Konstitution von Privatheit bestimmten kommerziellen oder künstlerischen Zwecken unterordnet. Ebenso kam die Bedeutung räumlicher Metaphoriken für eine Behandlung von Privatheit zur Sprache. Kritisch debattierte man den oftmals beobachtbaren latenten Eurozentrismus des Diskurses. Die Bedeutung der Medien für den Privatheitsdiskurs wurde differenzierter besprochen, da (Massen-) Medien sowohl als Bedrohungen als auch als Mit-Konstituenten von Privatheit beschreibbar sind.

Somit lassen sich im Anschluss an diese Tagung vielfältige Anknüpfungspunkte und mögliche Betätigungsfelder ausmachen, um die verschiedenen weiterhin klärungsbedürftigen Aspekte des Diskurses näher zu beleuchten. Im Hinblick darauf wird auch der Tagungsband von einigem Interesse sein, der noch in diesem Jahr im Stutz-Verlag erscheinen soll.

Juni 2013

Bevorzugte Zitationsweise

Püschel, Florian: Medien & Privatheit. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft, ZfM Online, Onlinetext, , https://zfmedienwissenschaft.de/online/medien-privatheit.

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