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Geostorm Poster (Ausschnitt)

Geostorm, Regie: Dean Devlin, USA 2017, Poster (Ausschnitt)
 

GAAAP_ The Blog

«GenderStorm»

Wie ein Desaster-Film die Wettermanipulation noch männlicher macht als sie eh schon war, von NIls Matzner und Vanessa Erat

6.12.2017

Das Genre impliziert es bereits: Der Film GeoStorm (2017) bringt nicht nur ein fiktives Wetter-Desaster auf der Leinwand, sondern auch ein unrealistisches Kino-Desaster mit sich. Dem nicht genug, lässt er sich in die Reihe von Actionfilmen einordnen, die traditionelle Geschlechterrollen mit Eifer weiterführen: GeoStorm konstruiert einen spezifisch männlich konnotierten Diskurs über Wetter- und Klimamanipulation. Hurrikans zu zähmen, Gewitterwolken zu zerschlagen und globale bzw. regionale Temperaturen anzupassen, repräsentiert zwar nicht per se eine maskuline Phantasie von umweltpolitischer Handlungsmacht; die filmische Aufarbeitung vermittelt dennoch dank tosender Spezialeffekte und einer heldenzentrierten Handlung, dass Wetterkontrolle ein ‹Männerprojekt› sei. Der Film ist ein wahrer GenderStorm.


Die Handlung ist einfach erklärt: Als Antwort auf eine Reihe von extremen Wetterereignissen hat eine internationale Koalition ein Satellitennetzwerk namens «Dutch Boy» erschaffen. Der führende Wissenschaftler des Satellitenprojekts, Jake Lawson (Gerard Butler), ignoriert die Kommandokette der Koalition. Holzschnittartig sehen wir auf der einen Seite die Figur «Cool People Rebel Against Authority» und auf der anderen Seite die knochentrockenen «Obstructive Bureaucrats». Die Geschichte des männlichen Rebellen gegen Autoritätspersonen ist eine filmische Blaupause, die von Independence Day (1996) und Armageddon (1998) über Der Patriot (2000) bis hin zu 13 Hours (2016) ausgeschlachtet wurde bzw. immer noch wird. Jake Lawson wird seines Amtes enthoben und, um einen Bruderzwist als Nebenhandlung in den Film zu zwängen, durch seinen Bruder Max (Jim Sturgess) ersetzt. Fast forward, ein paar Jahre später: Eine Welle an Vorfällen auf der Raumstation (die der Satellitensteuerung dient) und an Wetterkatastrophen auf der Erde müssen dringend untersucht werden. Max Lawson stellt seinen Bruder Jake wieder ein und entsendet ihn auf die Raumstation, um die Erde vor einem bevosrstehenden «Geostorm» (eine Kettenreaktion von Hagelstürmen, Überflutungen, extremen Hitzewellen und anderen Desastern) zu retten.

Geostorm, Regie: Dean Devlin, USA 2017, Screenshots

In Rezensionen konnte GeoStorm wenig Lorbeeren ernten: Eher bezeichnete man den Film als «apocalypse porn», «exceptionally bogus», «a disaster (movie)», a «plot-poor, special effects-heavy, scientifically-negligent romp around the globe», «disastrously boring» und als «mostly about people staring at computer monitors». Mark Kermode, Filmkritiker für the britische Zeitung The Observer und für BBC Radio 5, nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um sein Filmerlebnis mit GeoStorm geht: «[M]y brain stopped speaking to me and as I felt myself getting dumber and dumber I enjoyed the film more and more». Man muss sich nicht weit umschauen, um die diversen Problemzonen des Films auszumachen, die einen (außerhalb der Erzählwelt angesiedelten) Hagelsturm an Kritik ausgelöst haben:

  • Der Film widerspricht den Gesetzen der Physik: Schwerkraft auf einer Raumstation? Das wird in GeoStorm als nicht weiter auffallend dargestellt. Außerdem können Temperaturen, die über den Schmelzpunkt von Stahl und Beton hinausgehen, gewöhnlichen Autoreifen offensichtlich nichts anhaben.
  • Der Film bläht gewisse Handlungen zugunsten von Spezialeffekten als vollkommen unrealistisch auf: Warum sonst werden Satelliten von einer Weltraumstation anstatt direkt von der Erde kontrolliert?
  • Der Film stellt mit seinen übertriebenen Actionszenen selbst gewichtige Action-Blockbuster in den Schatten: In einer Verfolgungsjagd und Schießerei in einem elektronisch betriebenen und rückwärtsfahrenden Taxi zu entkommen, passiert selbst nicht auf der großen Kinoleinwand jeden Tag.
  • Der Film kann nicht unbedingt mit großer Schauspielerei oder einer umfassenden Handlung protzen: Elemente der Überraschung sind anderen Filmen vorbehalten, nicht aber GeoStorm.

Dementsprechend hat es wenig überrascht, dass sich der Film als Kassen-Flop erwies. Auch auf Rotten Tomatoes konnte GeoStorm nur magere dreizehn Prozent einfahren. Selbst unter den desaströsesten Desasterfilmen beeindruckt GeoStorm also damit, unter den Top-Kandidaten für die wirklich desaströsesten zu landen.
Trotzdem kann man mehr in GeoStorm sehen als ‹nur› unrealistische Handlungen und stumpfsinnige Actionsequenzen. ‹Realistisch› ist: Der Film ist regelrecht ertränkt in männlichen Hauptcharakteren und Machtphantasien. Nicht nur die Dominanz der männlichen Hauptrollen ist kritikwürdig, zumal sie auf traurige Weise die ewig gleiche Einseitigkeit medialer Veröffentlichungen perpetuiert. Regisseur Dean Devlin agiert mit geschlechterspezifischen Stereotypen und stellt Wettermanipulation als männlich-dominantes Projekt dar.
 

Männer manipulieren – Frauen assistieren

Auf den ersten Blick erscheinen die weiblichen Charaktere in GeoStorm als technisch begabt, kontrollieren IT-Systeme oder haben einen Ingenieurshintergrund. Auch «badass» darf einer von ihnen attribuiert werden. Nichtsdestotrotz sind sie alle ausnahmslos in Nebenrollen verdrängt:

  • Ute Fassbinder (Alexandra Maria Lara) ist die deutsche Leiterin der internationalen Weltraumstation, von der aus das Satellitennetzwerk gesteuert wird. Progressiv erscheint an ihrer Charakterisierung nur, dass der Film suggeriert, die (männlichen) Hauptcharaktere würden eine Frau in einer Führungsperson vermeintlich nicht als außergewöhnlich betrachten – vermeintlich deswegen, da Lawson sehr wohl, vermutlich auf der Suche nach Kinolachern, zuerst Überraschung darüber zeigt, dass Fassbinder die Leiterin der Station ist. Nach Jake Lawsons Rückkehr auf die Raumstation werden die Rollen allerdings neu verteilt: Während Fassbinder weiterhin die formelle Leitung der Raumstation verkörpert, übernimmt Lawson die Befehlsgewalt in der «Dutch Boy»-Krise. Von nun an gibt nur Lawson die Kommandos; Fassbinder wird ohne jegliche Führungsinitiative dargestellt.
  • Hannah Lawson (Talitha Bateman) ist Jakes jugendliche Tochter. In ihrer ersten Szene repariert sie Solarpanele. Sie wird dem Publikum als handwerklich begabt und selbstbewusst präsentiert, auch im Dialog gegenüber Erwachsenen. Allerdings erlaubt ihr der Film nicht, ihre charakterlichen Besonderheiten autonom oder dank weiblicher Rollenbilder aufgebaut zu haben. Ihr Onkel Max merkt an, sie werde immer mehr wie ihr Vater. Alle Talente Hannahs werden damit wieder auf ihren Vater zurück projiziert.
  • Sarah Wilson (Abbie Cornish) ist Agentin des US-amerikanischen Geheimdiensts (U.S. Secret Service). Sie ist die attraktive Kämpferin an der Seite von Max Lawson und mit ihm verlobt. Sie hilft zwar, geheime Informationen zu beschaffen, und assistiert in einer Rettungsaktion, aber ihre Handlungsfähigkeit ist auf den Handlungsstrang von Max reduziert.
  • Dana (Zazie Beetz), die Cybersecurity-Expertin, schließt die Liste der aktivsten weiblichen Charaktere in GeoStorm ab und wird dabei nicht einmal mit Nachnamen in der Besetzung geführt. Dana ist eine Kollegin von Max und hilft, ähnlich wie Sarah, nur auf dessen Andrängen hin mit. Sie beeinflusst die Handlung nicht, weil sie eine eigenständige Filmfigur ist, sondern nur dann und deswegen, weil sie die Anweisungen von Max Lawson ausführt.  
  • Die Besetzung führt außerdem noch Julia Denton als Hannahs Mutter, deren Namen überhaupt gar nicht genannt wird. Sie ist lediglich in zwei kurzen Szenen zu sehen, in denen sie der um ihren Vater besorgten Hannah Trost spendet.

In GeoStorm haben die Männer die Handlungsmacht, während die Frauen nur technisch oder militärisch begabte Handlangerinnen sind, auch als Sidekicks neben den Hauptcharakteren – eine Rolle, die traditionell weniger maskulinen und dadurch ‹schwächer› erscheinenden Männerrollen vorbehalten war, zum Beispiel dem Stereotyp des Nerds. Diese Vorherrschaft von Männerrollen ist typisch für Hollywood und Populärkultur im Allgemeinen. Aber während man in den Sechziger Jahren noch Gene Roddenberry für seine radikal-progressive Besetzung in Raumschiff Enterprise (1966-1967) kritisierte, haben sich die Standards heutzutage geändert. Das konservative Fernsehpublikum mag Lieutenant Uhura als schwarze Frau auf der Kommandobrücke der Enterprise nach wie vor missbilligen, doch wird von modernen Unterhaltungsformaten mehr und adäquatere Repräsentation gefordert: Frauen*, People of Color und andere unterrepräsentierte oder unvorteilhaft dargestellte Gesellschaftsgruppen machen mit Nachdruck mehr Sichtbarkeit, vor allem in Führungsrollen, geltend.  

Um Geschlechterdisparität in Filmen kenntlich zu machen, wurde der sogenannte «Bechdel-Test» aus einem Comicband Alison Bechdels aus dem Jahr 1985 übernommen. Er testet anhand dreier einfacher Regeln, ob Populärfilme ihren weiblichen Figuren genauso viel Charakterentwicklung zukommen lassen wie den männlichen. Ein Film besteht den Bechdel-Test unter den folgenden Bedingungen:

  1. Im Film müssen mindestens zwei weibliche Figuren vorkommen,
  2. die in einem Dialog miteinander stehen,
  3. in dem nicht ein Mann das Thema ist.

Lediglich die Hälfte der bestverdienenden Filme von 2016 absolvieren den Bechdel-Test mit Erfolg. Suicide Squad wäre ein Beispiel dafür, während Batman vs. Superman es zum Beispiel nicht schafft, zwei Frauen in einem Dialog zu zeigen, in denen das Gespräch nicht an einem Mann orientiert ist. GeoStorm scheitert spektakulär: Zwar gibt es mehr als zwei weibliche Charaktere, womit Bedingung 1 erfüllt ist, aber der Film versagt hinsichtlich der Bedingungen 2 und 3. Der Bechdel-Test wird heutzutage oft als unzureichend betrachtet, um ausreichend Repräsentation in einem Film zu sehen. Der Test verdeutlicht zwar die Genderdisparität dank einer einfachen Metrik (mit einer wirklich niedrigen Schwelle, die allerdings selbst für die Hälfte aller Blockbuster-Filme noch zu hoch erscheint), berücksichtigt aber nicht, dass weiblichen Figuren oft eine tiefgründige Charakterisierung fehlt, die männlichen Figuren vorenthalten ist. Genauso wenig spricht der Test den krassen Mangel an ethnischer Diversität in Filmen an. Nichtsdestotrotz scheitert GeoStorm selbst an dieser einfachen Metrik.  

GeoStorm vs. Climate Engineering: Dichtung vs. Forschung

Climate Engineering (CE), auch Geoengineering genannt, bezeichnet die großskalige, intentionale Intervention in das globale Klimasystem, um den anthropogenen Klimawandel zu verlangsamen. GeoStorm spricht stets von Wetterkontrolle, bezieht sich aber nicht explizit auf Klimakontrolle, weswegen nicht von einem reinen «CE-Film» gesprochen werden kann. Die CE-Forschung, inklusive der aus ihr hervorgehenden hitzigen Debatten um Methoden, wie man das Sonnenlicht blockieren oder Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre absaugen kann, grenzt sich von der konventionellen Wetterkontrolle ab. Trotzdem setzen Kritiker_innen (beispielsweise «Geostorm: the latest climate action blockbuster (that you shouldn’t watch)») GeoStorm in einen Zusammenhang mit der vorsätzlichen Beeinflussung des Klimas, nicht des Wetters.

Ausgewählte Verfahren des Climate Engineering beinhalten Aerosolinjektionen in der Stratosphäre, die mehr Sonnenlicht zurück ins All reflektieren sollen; Wolkenimpfung mit Meersalz, um die Wolken weißer zu machen; Ozeandüngung zur biologischen Kohlenstoffbindung oder CO2-Luftfilter, die den Kohlenstoff unter der Erde speichern. Die gegenwärtige Forschung zeigt, dass CE eine unsichere und mit Risiken verbundene Methode zur Bekämpfung des Klimawandels ist. Gleichzeitig würde CE aber auch einen möglichen Weg aufzeigen, um die Erderwärmung unter 1,5 oder 2° C zu halten.

 

Abb. 1: Senkung der CO2-Konzentration, Kiel Earth Institute 2011, https://de.wikipedia.org/wiki/Geoengineering#/media/File:SPICE_SRM_overview.jpg,
Abb. 2: Reduktion der Sonneneinstrahlung durch Solar Radiation Management SRM, http://www.spp-climate-engineering.de/files/ce-projekt/media/files/grafik_ce_text_d_700.jpg
weitere Abb.: Stills aus dem Trailer und aus der IMDB.

Ein Blick auf die Diversität der CE-Forscher_innen und anderen Expert_innen zeigt Akteur_innen aus Nordamerika, Großbritannien oder Deutschland. Auch China startete ein großes Forschungsprogramm, und der neue DECIMALS Fund möchte die Inklusion weiterer Forscher_innen aus dem Globalen Süden erreichen. CE wird zum Großteil von weißen Männern aus dem Globalen Norden (inklusive einem der Autoren dieses Artikels) diskutiert. Auf einer CE-Konferenz wurde auch gescherzt, dass die zur Abwechslung lange Schlange vor der Männertoilette auf die männliche Überrepräsentation im Feld hinweist. Viele sehen die Geschlechterdisparität im CE-Feld als Ergebnis derselben in den MINT-Fächern, zumal die meisten Beiträge zur CE-Forschung aus den Natur- und Ingenieurswissenschaften stammen.

Dementsprechend sind es zumeist weiße und männliche Wissenschaftler_innen, die in Interviews und Nachrichten über CE gezeigt werden. David Keith, Ken Caldeira und Alan Robock dominieren das Feld. Eine Mediaanalyse von Holly Buck zeigt, dass weibliche Wissenschaftler nur drei Prozent der fachlichen Aufmerksamkeit erhalten, die ihren männlichen Kollegen zuteil wird: Gegenüber 500 Männern (darunter keiner, der als ein ‹Dr. Strangelove› oder Actionheld Jake Lawson dargestellt werden könnte, der im fiktiven Jahr 2019 ein globales Satellitennetzwerk überwacht) werden in den Medien nur 15 Frauen zitiert. Im CE-Feld wird allgemein wenig über Gender gesprochen – der angesprochene philosophische Artikel stellt eher eine Ausnahme dar. 


Wetterkonstruktion – Genderkonstruktion

Eine schnelle Bildersuche mit Google zu den Stichworten «geoengineering OR climate engineering» ergibt – neben technischen Grafiken und Verschwörungstheorien – eine Fülle an Bildern von weißen, männlichen Ingenieuren, die die Welt reparieren, und weißen, männlichen Ärzten, die die klimakranke Erde heilen. Auch im Film sind nahezu alle Figuren, die politische Verantwortlichkeit über das Wettermanipulationsprojekt haben, weiße Männer. Demgegenüber stehen in GeoStorm Wissenschaftler_innen und Ingenieur_innen der Weltraumstation, die mehr Diversität in Gender und Ethnizität in den Film bringen. Im filmischen Narrativ spiegelt diese Diskrepanz den Kampf zwischen einer korrupten und machtbesessenen «politischen Elite» und den «echten Wissenschaftlern und Ingenieuren» (wie Jake Lawson seine Kolleg_innen bezeichnet) wider. Der Film impliziert zwar, dass nur Letztere fähig sind, ‹echte› Probleme zu lösen, aber die Personen in Führungspositionen bleiben (nahezu immer) weiß und männlich, sowohl in der Politik als auch in der Wissenschaft.  

In der Geschichte der Wetter- und Klimamodifikation findet man solche technikaffinen Charaktere, wie der Historiker Jim Fleming dokumentierte. In den 1840er Jahren schlug beispielsweise der erste US-amerikanische Meteorologe James Espy vor, durch das Anzünden großer Feuer künstlichen Regen zu schaffen. Dieser und weitere Vorschläge brachten Espy den Spitznamen «Storm King», «Sturmkönig» ein. Fleming beschrieb die frühe Geschichte von Wetter- und Klimamodifikation als dominiert von Wissenschaftlern, Soldaten und Scharlatanen – nicht ungleich der öffentlichen Reaktion auf ähnlichen wissenschaftlichen Fortschritt (Mondflug), der sich im Laufe der Zeit normalisiert hat.

Ist die Modifikation von lokalem Wetter und globalem Klima eine männliche Idee? Frühe Studien der öffentlichen Wahrnehmung von Climate Engineering (CE) sind wenig aufschlussreich, was Geschlechterunterschiede angeht. Für einige CE-Methoden fanden Forscher_innen heraus, dass Frauen eine unbedeutend höhere Technikakzeptanz haben. Andere Studien behaupten das Gegenteil, aber merken auch an, dass sich geschlechterspezifische Unterschiede zwischen den Teilnehmenden als unbeträchtlich erweisen. Falls sich Ergebnisse aus Studien zu ähnlichen Technologien übertragen lassen, ist eine geringere Akzeptanz von Frauen wahrscheinlich. Dies ist aber bisher noch nicht ausreichend erforscht.

Dem Journal of Feminist Philosophy Hypatia zufolge ist CE an einem kulturell konstruiert ‹maskulinen Temperament›, ausgestattet mit Aktivität und Dominanz, Objektivität und Technizität ausgerichtet. GeoStorm hat diese Korrelationen hervorragend durch ‹starke› männliche Rollen, die die globale Krise mit großskaligen technologischen Anwendungen (die objektive Arbeit leisten und nur durch menschliche Korruption gestört werden können) lösen wollen, miteinander assoziiert. Das uns umgebende Wetter und das globale Klima hängen von der Perspektive ab, von der aus wir sie betrachten. Zu der gesellschaftlichen Konstruktion von Subjekten und Natur kommen nun neue Möglichkeiten der Naturmanipulation hinzu. Sie ändern nichts daran, dass wir kritisieren können, wie mediale, politische, künstlerische und andere Ausdrucksformen an dieser Konstruktion mitwirken.
 

Um besser für den Planeten und seine Bewohner_innen zu sorgen

Es ist wichtig, Klimapolitik zu debattieren – ebenso wie es wichtig ist, die sozialen Auswirkungen der Forschung zu Climate Engineering zu debattieren. GeoStorm, selbst als filmisch nicht qualitatives Beispiel, kann eine notwendige Debatte über CE anregen. Man möge fragen, ob es nicht genug ist, sich über die Darstellung von Klimapolitik den Kopf zu zerbrechen; warum also sich zusätzlich mit „nebensächlichen“ Anliegen der Gendergerechtigkeit, Diversität oder auch Feminismus in Film und Forschung belasten?

Drei Hauptgründe sprechen für die Berücksichtigung der Genderperspektive in der CE-Forschung:  

  1. Studien über Umweltgerechtigkeit haben aufgezeigt, dass Umweltbelastungen sozial schwächer gestellte Gruppen am Härtesten treffen. Im Zusammenhang mit Klimawandel und CE gehen Gender und Diversität als wichtige Faktoren hervor, wenn über Umweltbelastungen und Auswirkungen gesprochen wird.
  2. Das Lösen eines Problems sollte nicht neue Probleme hervorrufen (oder andere Probleme vernachlässigen). Alternative Ansätze, um den Klimawandel zu verlangsamen, sollten Genderdisparitäten nicht (noch) weiter anheizen.
  3. Die gegenwärtige Forschung und Debatte zu und über CE ist noch immer männerdominiert. Es wäre im Sinne der nachhaltigen Forschung, diverse Ideen und Ansätze einzubauen. Der Klimawandel ist ein globales Problem, das die gesamte Menschheit betrifft; nicht nur den einen Teil im Globalen Norden, oder den anderen, der sich männlich identifiziert.

GeoStorm bildet eine mangelhafte bis schädliche Darstellung von Wetter- und Klimainterventionen ab. Wir sollten uns darum bemühen, bessere Darstellungen zu gestalten – nicht zwangsläufig mit einem Happy End, aber mit einer besseren Balance an Perspektiven.

 

Geostorm, Regie: Dean Devlin, USA 2017, Screenshots

Bevorzugte Zitationsweise

Matzner, Nils; Erat, Vanessa: «GenderStorm». Wie ein Desaster-Film die Wettermanipulation noch männlicher macht als sie eh schon war, von NIls Matzner und Vanessa Erat. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft, ZfM Online, GAAAP_ The Blog, , https://zfmedienwissenschaft.de/online/genderstorm.

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