hart aber fair 2
von Louise Haitz
Die Einleitung Plasbergs spannt einen großen Bogen, der die Debatte einbettet und Opferschutz in den Rahmen eines möglicherweise überreagierenden und hysterischen Feminismus setzt. Die Selbstveropferung Wedels erscheint als Faktum, hat er doch tatsächlich an Reputation verloren. Die sprechenden Frauen werden damit zu Täterinnen, auch wenn sie die Wahrheit sagen. Schließlich wird die Diskreditierung der Betroffenen-Aussagen und der journalistischen Arbeit als «konstruierte Geschichte» von Plasberg zum (gleich)berechtigten Standpunkt erklärt.
2. Aussage-gegen-Aussage und die legitime Ignoranz
Sexualisierte Gewalt ist immer nur das, was vielleicht gar nicht stattgefunden hat
Es gibt weitere Momente in der Sendung, in denen im Sinne der objektiven Berichterstattung oder neutral (v)ermittelnden Meinungsbildung eine haltlose Diskreditierung der Betroffenen betrieben wird. So werden nach knapp einer halben Stunde Auszüge aus Wedels Autobiografie, in denen er davon schreibt, dass ihn Schauspielerinnen «in zärtlicher Umarmung» über «schlaflose Nächte» hinwegtrösteten und Aussagen über «Kleindarstellerinnen» die «ihm in den Drehpausen die Brüste auf die Schulter gelegt und um ihn geworben [haben]. […]» (Thomas Lerchenberger, 31.01.2018, BILD) sowie die Einschätzung «Wedel ist ein großer Frauenliebhaber. Und die Frauen waren ihm nie abgeneigt, haben sich bisweilen äußert aggressiv an ihn rangemacht» (Sonja Kirchberger, 05.01.2018, BILD);1
Die in der Sendung wiederholten Aussagen über sich um Wedels (sexuelle) Aufmerksamkeit bemühende Frauen müssen, um als Gegenaussage in der redaktionell erzeugten Aussage-gegen-Aussage-Konstellation zu fungieren, nicht einmal über die konkreten Klägerinnen gemacht werden. Sie betreffen äußerst vage ‹irgendwelche› Schauspielerinnen. Es stehen mithin Aussage gegen sexistische Lästerei über unbeteiligte Dritte desselben Geschlechts wie die Klägerinnen bzw. Aussage gegen die Figuration weiblicher Sexualität als verfügbar und willig im Raum.
Das von der hart aber fair -Redaktion recherchierte Argument gegen die Anklägerinnen funktioniert somit ausschließlich auf Basis der frauenverachtenden Mythologisierung ihrer Sexualität, die eine in der patriarchalen Gewaltkultur automatisierte Argumentationskette gegen ihre Glaubwürdigkeit anstößt.
Angeleitet wird diese Herstellung einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation für die kontroverse Debatte von einem Modell der Neutralität, das hier vom rechtsstaatlichen Prinzip in dubio pro reo strukturiert wird. Als neutral (v)ermittelnde Moderation positioniert sich Plasberg dadurch, dass er und seine Redaktion zwei Seiten erzeugen, die er gleichberechtigt vertritt, sich mithin in eine von ihm selbst erzeugte Mitte stellt. Dabei wird die Rede der Klägerinnen als Angriff und die Rede bzw. das sich Entziehen und Schweigen Wedels als Verteidigung figuriert. Diese Konstruktion folgt einem kruden und frauenfeindlichen Verständnis von guter Recherche: Partei für Betroffene zu ergreifen hieße hier gegen den Rechtsstaat zu sein, der sich einzig und extrem banal in der Formel in dubio pro reo ausdrückt, und hieße also, nicht neutral zu sein (weil Rechtsstaatlichkeit neutral ist…).
Zwei weitere ‹neutral›, d.h. weiß-männlich kodierte Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft stehen Wedel also zur Seite: das Prinzip Rechtsstaatlichkeit und die Idee der Objektivität. Die hypothetische Unglaubwürdigkeit der Opfer bildet die obligatorische Folie des sich damit neutralisierenden Sprechens, das sich darüber hinaus selbst die Kompetenz des Urteils absprechen und es der Judikative zusprechen muss, um in der Debatte legitim zu erscheinen. So wird immer wieder im Namen des Rechtes und der Objektivität die Mitschuld oder gar die eigentliche Schuld der Opfer zur Diskussion gestellt, ohne dies als Urteil und Angriff gegen die Betroffenen zu verantworten. Die Logik dieser Gegenüberstellung verlangt: Wer (weiblich kodiertes) Opfer sagt, muss diskursiven (männlich kodierten) Täterschutz betreiben.2 Doch wenn in jedem Fall (konkret wie allgemein) die Hypothese das Sprechen reg(ul)iert, dass Betroffene lügen könnten, dann bewegen wir uns in einer Debatte, die nicht über den Stand der Ermittlung hinauskommt. Das heißt in einer Debatte, die über sexualisierte Gewalt nur als etwas reden kann, das vielleicht gar nicht stattgefunden hat.3 Die also gerade beim Sprechen der Opfer ihr Schweigen verwaltet.
Es geht in der hier buchstabierten Kritik nicht darum, unbedingte Partei für als Betroffene Sprechende zu ergreifen und das Prinzip des in dubio pro reo vollständig über den Haufen zu werfen. Es geht darum, in Debatten die Alternativlosigkeit der Unterscheidung von Im (scheinbar nie auszuräumenden) Zweifel für den Angeklagten versus willkürlich-rächendes Gewaltmonopol zu verlassen. Die Beobachtung, dass die Ideologie der Neutralität der Mitte hier eine vergeschlechtlichende Opferfeindlichkeit erzeugt, die den Zweifel gegen sexualisierte Gewalt Anklagende für immer notwendig erklärt, lässt sich in die Aufforderung übersetzen, einzusehen, dass es Gewalt gibt. Sexualisierte Gewalt. Und, dass deren Unsichtbarkeit nicht vom Schweigen-Sprechen ihrer Opfer herrührt, sondern vom Tabuisieren ihrer Existenz.4 Ein Tabu, das sich in einer Konstruktion von Neutralität reproduziert und legitimiert, welche das Sprechen im Rahmen des Angeklagtenschutzes regiert.
Das vorgeblich neutrale Anzweifeln regiert das Sprechen der Betroffenen und ermöglicht eine moralisch einwandfreie und politisch wirkungslose Reaktion: das Erstaunen über die Häufigkeit von Gewalt. Um dieses Erstaunen und das Wirken der Rahmung, die das Sprechen Betroffener prinzipiell anzweifelt, wird es im nächsten Abschnitt gehen.
Für wen und wozu so viele Horrorgeschichten? - Sprechen im Rahmen der Zweifelhaftigkeit
Nach einer dreiviertel Stunde kommt Plasberg auf Zahlen zu sprechen: «Wir haben gelernt: Übergriffe, Nötigungen, Sexismus – das ist bei weitem kein Problem nur in der Filmbranche, das gibt‘s auch mitten in der Gesellschaft. Wenn man aber die entsprechende statistische Zahl dazu hört, dann ist man schon erstaunt.»5 Darauf folgt ein Einspieler, in dem die Zuschauer_innen, untermalt von melancholischer Klaviermusik und langsamem Beat, informiert werden: «43 % der Frauen in Deutschland sind nach eigener Angabe schon einmal sexuell bedrängt oder belästigt worden.» Dies wird als Text vor hellgrauem Grund eingeblendet und von einer ernsten Frauenstimme vorgelesen. Dann wird auf die drei Privatunternehmen Instagram, Facebook und Twitter verwiesen, auf deren Plattformen Frauen seit Oktober 2017 unter dem Hashtag #Metoo ihre Erfahrungen mit Belästigungen, Übergriffen und Vergewaltigungen öffentlich mitteilen. Zwei verschiedene Frauenstimmen verlesen abwechselnd ernst, langsam und leicht dramatisierend die Erfahrungen dreier Frauen, die die Zuschauer_innen als Texte mitlesen können. Die 43 % werden also mit drei einzelnen Erfahrungsberichten verknüpft, die bestimmte Kriterien erfüllen müssen, um in den Kontext der Sendung zu passen – Kriterien, die auch das Sprechen von Betroffenen beeinflussen.6
Die Berichte müssen anhand von knapp und präzise gefassten Einzelschicksalen und Leiderfahrungen davon überzeugen, dass sexistische Übergriffe kein Einzelfall sind. Sie müssen aufregend und exotisch genug sein, um nicht als völlig normal bagatellisiert werden zu können. Sie dürfen nicht zu abscheulich sein, um nicht den (Fernseh-)Abend zu zerstören und eine Sprachlosigkeit auf dem Podium und bei den Zuschauer_innen zu verursachen oder auch, um nicht den normativ beschränkten Rahmen des Vorstellbaren zu übersteigen. Sie müssen Erzählungen von Opfern sein, die sich nicht zu sehr gefügt und zugleich nicht zu stark gewehrt haben. Die Berichte werden für einen Rahmen ausgewählt, der standardmäßig bezweifelt, dass wir im Patriarchat leben und dass dieses Patriarchat Schmerzen verursacht. Dieser Standard erzeugt ein Setting, in dem Betroffene immer damit rechnen müssen, dass man ihnen nicht glaubt und/oder ihre Geschichte für irrelevant erklärt.
Der Druck, Sexismus und die Existenz strukturell tolerierter sexualisierter Gewalt mit der eigenen Erfahrung beweisen und dafür das eigene Verhalten in einen unzweifelhaften Opferstatus übersetzen zu müssen, wirkt auf das Sprechen der Betroffenen ein und steckt den massiv begrenzten Rahmen ab, innerhalb dessen sie als glaubwürdige Opfer erscheinen können. Dieser Druck wird mit der redaktionellen Wahl der verlesenen Geschichten bei hart aber fair aufgeführt und ausgeübt. Auch die Gäste Barley und die explizit dafür eingeladene Journalistin Smechowski bemühen sich darum, anhand ihrer eigenen Erfahrungen, die sie selbstbewusst, mit Dringlichkeit und gleichzeitiger Abgeklärtheit erzählen, die Existenz von (Alltags-)Sexismus zu beweisen. Sie entsprechen damit einer im Diskurs permanent formulierten Aufforderung an Frauen, doch bitte ihre Lebenserfahrung zum Beleg für weibliche Opferschaft zu machen. Dies errichtet ein unangemessenes und toxisches Dispositiv: Frauen haben Geschichten zu liefern.7 Frauen haben eindeutige Opferschaft, kollektives Leiden und Schmerzsein überzeugend, das heißt im Rahmen ihrer Zweifelhaftigkeit zu performieren. Dies manövriert Betroffene in eine diskursive Zwickmühle, die sie zum Schweigen bringt, sobald sie sprechen – entweder sie sind nicht Opfer genug oder zu sehr Opfer, um eine Systematik der Gewalt zu markieren.8
Nun, die knappen Erfahrungsberichte bei hart aber fair und viele Bezugnahmen auf den Hashtag #Metoo dienen wie die statistische Zahl «43» einem Argument, das in positivistischer Tradition über Quantität funktioniert. Wenn genug Frauen – die Frage bleibt, wann es genug sind – klagen und die emotional (selbst)ausbeuterische Arbeit der Veröffentlichung und Relevanzerzeugung leisten, dann…
…dann reagieren Gäste bei hart aber fair mit dem Satz: «es erschüttert einen».9 So antwortet Amend auf die suggestive Frage, die Plasberg ihm «ganz bewusst als Mann» stellt, «hat Sie diese Zahl überrascht, 43 %?»10 Wenn wir es Amend, von Plasberg als Repräsentant ‹der Männer› installiert, zugestehen, dass er tatsächlich erschüttert im Sinne von überrascht und berührt ist, von den Zahlen und Geschichten, dann muss die Frage erlaubt sein, warum er auf dem Podium sitzt? Wäre es nicht sinnvoller, eine Person einzuladen, die mehr über diese Zahl zu sagen weiß, als dass sie erschütternd ist? Worüber wollen «wir» eigentlich reden? Welche Funktion erfüllt diese TV-Debatte? Was lernt dieses repräsentative «Wir» auf dem Podium «aus dem Fall Wedel» und dem #Metoo?
Was Plasberg und Amend stellvertretend mit ihrem Erstaunen aufführen, ist die Vorstellung, die gewaltvolle Diskriminierung von Frauen sei größtenteils nicht erkennbar. Damit wird die Unterstellung, sie sei eingebildet (was die hohe Frequenz des Wortes «hysterisch» in der Sendung nahelegt) als Denkhorizont der Debatte bestätigt. Zwei schon lange erwachsene Männer führen im Februar 2018 im Fernsehen einen Moment der staunenden Erkenntnis auf. Die proklamierte und betonte «Erstaunlichkeit» schützt sie sowohl davor, zumindest vermutet haben zu müssen, dass die Gleichberechtigung nicht erreicht ist, als auch davor, mit dem (eine erschütternde Leerstelle bleibenden) Feminismus allzu verbunden zu scheinen.
Viel zu sehr nebenbei sei hier erwähnt, dass von sexualisierter Gewalt Betroffene unter den Zuschauer_innen nichts von diesem erschütterten Erstaunen und auch nichts von der puren Wiederholung von Horrorgeschichten haben. Die Wiederholung ersetzt keine Analyse. Die Wiederholung ersetzt keine Solidarität. Die Wiederholung und das bloße Wissen um Häufigkeit hilft nur bedingt aus der Vereinzelung. Die sozialen Medien helfen nur bedingt dabei, den Raum des Privaten, der individualisierten Probleme zu verlassen. Im schlimmsten Fall triggern diese Berichte auf individualpsychologischer Ebene und verursachen Flashbacks. Sie werfen diejenigen aus der Bahn, die nicht mitgedacht werden, wenn das Sprechen auf die Überzeugung von Zweifler_innen ausgerichtet wird. Diesen Rahmen, diese erstickend-enge Bahn gilt es zu verlassen. So wie es die ehemalige Vorständin des freien zusammenschluss student*innenschaften (dem Dachverband der Studierendenvertretungen Deutschlands) Mandy Gratz formuliert:
Ich möchte die Arbeit, die darin steckt, sich als Betroffene zu markieren, nicht abwerten. Sich als solche sichtbar zu machen ist anstrengend und erfordert auch ein hohes Maß an Konfrontationsfähigkeit. Sich an Verletzungen der eigenen Integrität und Autonomie zu erinnern, ist harte Arbeit. Darüber zu schreiben und sich dem auszusetzen, was da kommt und auch nicht kommt, ist eine Zumutung. Der Aufforderungscharakter, der implizit in #metoo steckt - auch wenn er sicher nicht gewollt ist, setzt emotional zu. Er referenziert auf all die von Männern gemachten Aufforderungen zu entschlüsseln, was Grenzübertritte darstellt und diese auch als solche zu benennen und zu rechtfertigen. Es ist traurig, dass es keinen Ort der Unschuld gibt, den wir einfach betreten können, wo diese Referenz nicht schon drin steckt. Jedoch folgt aus dem eigenen Coming Out als Betroffene nicht automatisch, dass Männer sich mit ihrem Tätersein auseinandersetzen. Der Gegenstand dieser Auseinandersetzung ist überindividuell – männliches Begehren, männliche Sexualität. Die Erkenntnis der Beschädigung löst Trotz und Gewalt aus. Es wird radiert und kaschiert. Herausspaziert kommt am Ende doch zu häufig ein Typ, der sich in seiner Männlichkeit bestätigt fühlt und sich für einen good guy hält. Und für diese Katharsis mussten viele Geschichten von Frauen hinhalten. Mitunter auch Gespräche, die durch Kommentare aufgedrängt wurden. Arbeit. Erschöpfende und strapaziöse Arbeit. Die immer und immer wieder gemacht wird, damit ein weiterer Typ aus dem Loch kriecht und sagt «Glaub ich nicht!». Und wir wieder vor der Frage stehen: Erklären oder nicht? Meine Antwort darauf ist einfach. Nein.
Die Fortsetzung des Textes erscheint am 15.04.2018
- 1Alle drei Bemerkungen in hart aber fair ab 00:29:21./fn] schriftlichen und beim saarländischen Rundfunk archivierten Dokumentationen der Verletzung der Halswirbel einer Schauspielerin durch Wedel, eidesstaatlich versicherten und journalistisch recherchierten Betroffenenaussagen gegenübergestellt.
Barley erklärt diesbezüglich in der Sendung erlösenderweise, dass es im Fall Wedel nicht um Sex, sondern um Macht und sexualisierte Gewalt geht. - 2Diese Vergeschlechtlichung macht sowohl betroffene Frauen zu hypothetischen Täterinnen als auch männliche Opfer unsichtbar. Die Identifikationsfiguren für Männer sind entweder der neutrale Beobachter und Richter oder der (zu Unrecht) angeklagte Täter. So wird die Tatsache, dass es auch männliche Opfer und weibliche Täterinnen gibt nicht lediglich als Angriff gegen eine verkürzte Kritik am Patriarchat als vergeschlechtlichendes Herrschaftsmodell positioniert, sondern bestätigt zugleich dessen Opferfeindlichkeit, die Betroffene vergeschlechtlicht und gegeneinander ausspielt.
- 3Vgl. hierzu auch Susan Brison, Vergewaltigt. Ich und die Zeit danach. Trauma und Erinnerung, übers. v. Sigrid Langhaeuser, München 2004, S. 17: «[O]bwohl die meisten Leute sexuelle Gewalt für selbstverständlich halten, gelingt ihnen die erstaunliche geistige Verrenkung, gleichzeitig zu leugnen, daß es so etwas wirklich gibt – oder wenigstens, daß ihnen selbst so etwas passieren könnte.»
- 4Vgl. H. C. Rosenblatt, All the Shades of Schweigen, in: dies.: Einblogvonvielen.org, 10.04.2016 (letzter Zugriff 22.03.2018).
- 5hart aber fair, 00:46:32.
- 6Die folgende Argumentation verdankt viel an Einsicht und Präzision einem Gespräch mit Lydia Kray und Mandy Gratz, denen ich meine Anerkennung und meinen Dank für ihre Arbeit aussprechen möchte.
- 7Die Moderatorin Bettina Böttinger fragt in der WDR-Sendung Ihre Meinung zum Thema «Flirten oder Grapschen – wo fängt Sexismus an» die anwesenden Zuschauer_innen, deren Partizipation in diesem Format vorgesehen ist: «Ich würde gerne mal ganz allgemein […] in die Runde eine Frage stellen, die man vielleicht oder die frau nicht so leicht beantworten kann: Wer von Ihnen ist denn schon mal, so wie wir es vorhin von Ihnen gehört haben mit einem krassen Fall mit Vergewaltigung [deutet auf eine Frau, die zuvor von ihren Vergewaltigungen erzählte], wer ist massiv sexuell belästigt worden, ob beim Arbeitsplatz oder sonstwo?... da melden sich jetzt gleich schon einige.» [Hervorhebung entspricht der mündlichen Betonung, L.H.] Daraufhin spricht eine Frau, die vor allem auf ihre Angst vor Unglaubwürdigkeit eingeht und den Hashtag #Metoo lobt, er ermögliche das Sprechen. Eine weitere Frau erzählt vom zu heftigen Antanzen und ihre Rettung dadurch, dass sie sich gewehrt hat. Dieses Fragen soll Böttiger nicht zum Vorwurf gemacht werden, doch bleibt es Ausdruck einer spezifischen Beweislast, die Betroffenen zugemutet wird. WDR: Ihre Meinung: «Flirten oder Grapschen – wo fängt Sexismus an?», 16.11.2017 (letzter Zugriff 18.11.2017), 1:02:29.
- 8 In der Einleitung zu Gayatri Spivaks kanonischem Text Can the Subaltern Speak schreibt Hito Steyerl von einem solchen Schweigen, das Grundlage des im Falle der Witwenverbrennung ist, mit der sich Spivak auseinandersetzt. Steyerl erläutert die Position der Witwen: «Was auch immer sie sagten, wurde von mindestens einer Seite – wenn nicht von beiden – als Legitimation der je eigenen Position missbraucht. Auch wenn diese Frauen also redeten, konnten sie sich kein Gehör verschaffen. […] Die Ordnung der Diskurse erlaubt die Artikulation bestimmter Sachverhalten nicht, da sie selbst auf diesem Schweigen beruht.» Hito Steyerl, Die Gegenwart der Subalternen, in: Gayari Chakravorty Spivak, Can the Subaltern Speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation, übers. v. Alexander Joskowicz, Stefan Nowotny, Wien 2008, 5-16, 12.
- 9hart aber fair, 00:48:18 – Amend auf die Frage von Plasberg, ob ihn diese Zahl der 43 % überrascht habe.
- 10hart aber fair, 00:48:06.
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