Linksammlung für die Gestaltung eines gender- und diversitätsbewussten Hochschulalltags (mit Schwerpunkt Lehre)
Eine Aktion der Mitarbeiterin*nen der Universität Potsdam und des Koordinationsbüro für Chancengleichheit der Universität Potsdam
Anlässlich des dritten bundesweiten Wissenschaftstags #4GenderStudies am 18. Dezember 2019 haben wir eine Linksammlung für die Gestaltung eines gender- und diversitätsbewussten Hochschulalltags (mit Schwerpunkt Lehre) zusammengestellt.
Die Vielfältigkeit der Lebensrealitäten von Studierenden wird immer sichtbarer: Die Anzahl weiblicher und/oder LGBTQI* -Studierender, Studierender mit Behinderung oder chronischen Krankheiten, Studierender aus Nichtakademiker*innen-Familien, im Studium auf dem «zweiten Bildungsweg» und/oder mit Migrationserfahrung nimmt stetig zu. Und dennoch bestehen bekannte Probleme weiter: In vielen Fächern sind Frauen* oder/und nicht-weiße Studierende noch stark unterrepräsentiert, Studierende aus Nicht-Akademiker*innen-Familien und/oder internationale Studierende brechen das Studium überdurchschnittlich häufig ab.
Dabei ist klar, dass der Verlust vielfältiger Perspektiven auch einen Verlust von Wissen bedeutet. Sich für eine gleichberechtigte Teilhabe aller Studierenden einzusetzen, bedeutet also nicht nur, an der Offenheit der Hochschule mitzuwirken und endlich einen gleichberechtigten Zugang zu höheren Bildungsabschlüssen zu verwirklichen, sondern auch vielfältige Perspektiven in Wissensproduktion und -vermittlung zu gewährleisten, von denen wir alle profitieren. Um die Herausforderungen im Umgang mit Diversität in der Lehre zu erleichtern, möchten wir im Folgenden einführende Tipps und Methoden vorstellen.
1. Gender und Diversity in der Lehre
Die «Toolbox Gender und Diversity in der Lehre» der FU Berlin hat ein umfangreiches Angebot zu diversitätsbezogenen Herausforderungen in der Lehre online gestellt und arbeitet kontinuierlich an weiteren, spannenden Werkzeugen:
A. «Wer nimmt wie viel Raum ein?»: Zum Einstieg empfehlen wir die Checkliste zur gender- und diversitätsbewussten Didaktik. Hier geht es darum, die eigene Wahrnehmung als Lehrende in Bezug auf soziale Dimensionen wie Alter, Behinderung, Ethnizität/race, Geschlecht, soziale Herkunft, Religion/Weltanschauung und sexuelle Orientierung zu schärfen: https://www.genderdiversitylehre.fu-berlin.de/toolbox/_content/pdf/methodenblatt_checkliste.pdf
B. Wenn im Seminar immer nur die Gleichen reden, gibt es hier 17 Anregungen, wie Lehrende dies verändern können: https://blogs.fu-berlin.de/toolbox/2019/10/15/beteiligung/
C. Mit der ersten Sitzung einer Lehrveranstaltung steht und fällt meistens, ob Studierende das Gefühl einer guten Lernatmosphäre bekommen. Sieben Empfehlungen für die Gestaltung der ersten Sitzung: https://blogs.fu-berlin.de/toolbox/2019/10/08/erste-sitzung-gestalten/
D. Das Semester ist fast vorbei und das Feedback der Studierenden steht an. Auch hier sollten gender- und diversitätsbewusste Fragen eine Rolle spielen: https://blogs.fu-berlin.de/toolbox/2019/12
2. Geschlechtersensible Sprache
Es gibt verschiedene Wege, geschlechtersensibel mit Sprache umzugehen. Grundlegend ist, in der Lehre ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Sprache zum einen unser Denken und Wahrnehmen prägt, zum anderen veränderbar und dynamisch ist. Hier mehrere aktuelle Leitfäden dazu:
A. Leitfaden der TU Berlin: https://www.tu-berlin.de/fileadmin/i31/Publikationen/Weitere/KFG-Sprachleitfaden.pdf
B. Ein von der EU finanziertes englischsprachiges Toolkit für einen geschlechtersensiblen Ansatz für Forschung und Lehre, der über Fragen von Sprache hinaus geht: https://eige.europa.eu/sites/default/files/garcia_toolkit_gender_research_teaching.pdf
C. Empfehlungen für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache der Landeshauptstadt Hannover: https://www.hannover.de/content/download/756032/18968385/file/Flyer_Geschlechtergerechte_Sprache.pdf
Geschlechtersensible Sprache ist nicht nur ein Trend oder Geschmacksache. Auch die Gesetzgung hat ihre Bedeutung für die tatsächliche Umsetzung von Gleichstellung erkannt. So schreibt u.a. § 7 Abs. 6 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes vor, dass auf die sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter zu achten ist.
3. Rassismuskritische Hochschule
Viele alltägliche Wörter im Deutschen weisen rassistische Implikationen auf und werden an deutschen Hochschulen noch zu selten problematisiert: Was weiße Deutsche oft nicht merken, ist für Studierende mit Rassismuserfahrungen umso deutlicher. Im Unterricht kritisch mit Begriffen, ihrer Geschichte und dem eigenen Fachkanon umzugehen, ist nicht nur wichtig, sondern kann auch verhindern, Studierende mit Rassismuserfahrungen auszuschließen. Folgende Leitfäden empfehlen wir:
A. Rassismuskritischer Leitfaden des Projekts «Lern- und Erinnerungsort Afrikanisches Viertel» mit Schwerpunkt zu Schwarzsein, Afrika und afrikanischer Diaspora: https://www.elina-marmer.com/wp-content/uploads/2015/03/IMAFREDU-Rassismuskritischer-Leiftaden_Web_barrierefrei-NEU.pdf
B. Welche Worte stammen eigentlich aus der deutschen Kolonialzeit? Welche aus der Zeit des Sklavenhandels und der Rassentheorien? Welchen haftet eine negative Konnotation an? Übersichtliche Antworten gibt es hier: https://www.uni-hamburg.de/gleichstellung/download/antirassistische-sprache.pdf
C. Zur Problematik des Begriffs «Rasse» in der Gesetzgebung: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/uploads/tx_commerce/policy_paper_10_und_welcher_rasse_gehoeren_sie_an_2_auflage.pdf und zu Relikten des Nationalsozialismus im deutschen Recht https://akj.rewi.hu-berlin.de/data/uploads/Reader_web.pdf
4. Beratungsstellen an Hochschulen
Häufig kennen Studierende (und Lehrende) gar nicht das breite Beratungsangebot, das Ihnen ihre jeweilige Hochschule zur Verfügung stellt. Auf die Angebote in den Lehrveranstaltungen hinzuweisen, kann gerade für Studierende sehr hilfreich sein, die im Hochschulalltag Diskriminierung erleben oder beispielsweise aufgrund ihrer familiären Herkunft vor größere Herausforderungen gestellt sind. Das Hochschulangebot beinhaltet psychologische Beratung, Beratung für Studierende mit Behinderung oder chronischer Krankheit, Informationen von LGBTQI*-Hochschulgruppen, diverse Beratungsangebote des AStA, Hilfe durch die Gleichstellungsbeauftragte(n) und deren jeweilige Einrichtungen.
Im Zuge von #metoo sind auch die Fälle von sexualisierter Gewalt an deutschen Hochschulen sichtbarer geworden. Auch wenn es weder hierfür noch für andere Formen von Belästigung, Diskriminierung und Gewalt explizite Beratungsstellen gibt, bieten psychologische Beratungsstellen und Gleichstellungsbeauftragte erste Unterstützung.
Zusammengestellt von: Eleanor Benz, Noam Gramlich, Ann-Kathrin Rothermel, Käthe von Bose
Bevorzugte Zitationsweise
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